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Eigentlich sollte die Elektromobilität nur eine Übergangslösung sein. "Das Wasserstoffzeitalter hat begonnen, in zehn Jahren werden signifikante Teile der Fahrzeuge mit Wasserstoff betrieben", sagte der frühere BMW-Konzernsprecher Richard Gaul im Jahr 2000 im ZDF. Ein Irrtum, wie man inzwischen weiß. Und nach dem jüngst verkündeten Abschied von allen Wasserstoff-Ambitionen beim Fahrzeugkonzern Stellantis drängt sich die Frage auf: Hat Wasserstoff als alternative Energiequelle für Fahrzeuge überhaupt noch eine Chance? 

Brennstoffzelle statt Akku – technisch möglich, aber aufwendig

Grundsätzlich ist die Vorstellung durchaus charmant, denn Brennstoffzellen-Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden, sind im Prinzip Elektroautos. Allerdings benötigen sie keinen großen, schweren und vor allem teuren Akku, sondern eine Brennstoffzelle produziert aus Wasserstoff aus einem Tank und Sauerstoff aus der Umgebungsluft elektrische Energie. Eine Pufferbatterie ist zwar auch noch nötig, doch dieser Akku kann sehr viel kleiner ausfallen als die mächtigen Hochvoltbatterien aktueller Elektrofahrzeuge. 

Wasserstoff als primäre Energiequelle für die Mobilität von morgen – das klingt verheißungsvoll: Erstens, weil Wasserstoff das häufigste chemische Element des Universums ist, und zweitens, weil bei der sogenannten Elektrolyse in der Brennstoffzelle, wenn also der Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert, neben der elektrischen Energie nur noch Wasser entsteht – und damit ein rundum harmloses "Abfallprodukt" Außerdem funktioniert ein Tankvorgang an der Wasserstoff-Zapfsäule ähnlich flott wie das Tanken von Benzin oder Diesel. 

Wasserstoff: Aufwendig, teuer, schwer zu speichern

Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn Wasserstoff in reiner Form kommt auf der Erde nicht vor. Das Element muss also erst – mit hohem Energieaufwand – aus Wasser oder Gasen wie Methan gewonnen werden. Und zwar möglichst mit regenerativer Energie, denn erst mit grünem Wasserstoff wird die Umweltbilanz positiv. Und auch die Lagerung von Wasserstoff, entweder als Gas in Hightech-Tanks unter hohem Druck oder in flüssiger Form bei einer Temperatur von minus 253 Grad Celsius, ist kompliziert. Nicht zuletzt deshalb verzögern sich Wasserstoffprojekte immer wieder – oder sie scheitern gleich ganz. 

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In der Automobilbranche gibt es dafür etliche Beispiele. Die Idee, ein Auto elektrisch anzutreiben und den benötigten Strom erst an Bord mit Hilfe einer Brennstoffzelle aus Wasserstoff zu produzieren, wurde erstmals 1966 bei einem Prototyp des US-Autobauers General Motors umgesetzt. In den 90er-Jahren baute Mercedes mehrere Wasserstoff-Testfahrzeuge, und BMW setzte darauf, flüssigen Wasserstoff in dafür umgerüsteten Kolbenmotoren zu verbrennen – es blieb bei Projekten. Ähnlich war es bei Ford, Honda oder Audi. Zu Beginn dieses Jahres waren in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) lediglich 1.802 Brennstoffzellen-Pkw zugelassen – ein verschwindend geringer Anteil an den insgesamt mehr als 49 Millionen Pkw. 

Derzeit wird in Deutschland nur ein Brennstoffzellenmodell angeboten, der Toyota Mirai, eine Limousine mit drei Wasserstofftanks und einer Reichweite von rund 700 Kilometer, die 68.490 Euro kostet. Im vergangenen Jahr wurden laut KBA 148 Mirai-Modelle neu zugelassen. Der Hyundai Nexo, ebenfalls ein Brennstoffzellenauto, kann derzeit nicht mehr bestellt werden, doch die zweite Nexo-Generation soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Das war's auch schon. Mercedes stellte die Wasserstoff-Kleinserie GLC F-Cell bereits 2020 ein, vom Modell BMW iX5 Hydrogen wurden weniger als hundert Exemplare gebaut, die ab 2023 in einem Pilotprojekt unterwegs waren.


Hyundai Nexo 2 (2025)


Tankstellenmangel und hohe Preise

Das mangelnde Angebot an Brennstoffzellenautos ist das eine, das lückenhafte Netz an Wasserstoff-Tankstellen das andere – insgesamt ergibt das ein klassisches Henne-Ei-Dilemma. Derzeit kann in Deutschland an lediglich 70 öffentlichen Stationen Wasserstoff getankt werden, allein im ersten Halbjahr 2025 wurden insgesamt 22 ältere Wasserstofftankstellen geschlossen, wie das Betreiberkonsortium H2 Mobility mitteilte. Auch beim Preis kommt man ins Grübeln: Mitte Juli kostete ein Kilogramm Wasserstoff nach Angaben der H2-Mobility-App zwischen 15,05 und 19,25 Euro. Mit einem Kilogramm Wasserstoff fährt der Toyota Mirai rund 100 Kilometer weit – zum Preis von rund 17,50 Euro im Durchschnitt. Zum Vergleich: 100 Kilometer kosten mit einem Benziner (Verbrauch 7,5 Liter, Benzinpreis 1,70 Euro) rund 12,75 Euro, und mit einem Elektroauto (Verbrauch 17,5 kWh, Strompreis 0,60 Euro/kWh) rund 10,50 Euro. 

Offenbar hat die Fülle dieser Schwierigkeiten den Automobilkonzern Stellantis (u.a. Fiat, Chrysler, Jeep, Opel, Peugeot, Citroën, DS, Alfa Romeo) dazu bewogen, einen Schlussstrich zu ziehen. Der Hersteller kündigte an, sein Wasserstoff-Aktivitäten einzustellen, weil "der Wasserstoffmarkt mittelfristig keine Entwicklungsperspektive" zeige. Damit wurden auch die Vorbereitung zur unmittelbar bevorstehenden Serienproduktion von Brennstoffzellen-Transportern in den Werken Hordain (Frankreich) und Gliwice (Polen) gestoppt. Hier sollten ab diesem Sommer Lieferwagen (darunter Citroën e-Jumpy, Opel Vivaro und Movano, Fiat E-Scudo und E-Ducato) mit Wasserstoffantrieb von den Bändern laufen. Stellantis-COO Jean-Philippe Imparato erklärte: "Der Wasserstoffmarkt bleibt ein Nischensegment ohne Aussichten auf mittelfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit." 

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Das Wasserstoffzeitalter ist also vorerst abermals abgesagt. Zumindest was den Mobilitätssektor betrifft. Zuletzt hatte auch Honda ambitionierte Pläne für eine groß angelegte Brennstoffzellenproduktion in Japan geändert. Die anfangs geplante Produktionskapazität wurde reduziert, der Produktionsstart verschoben. Und auch bei den Schwerlast- und Fernverkehrs-Lkw, für die bislang die Brennstoffzelle als Königsweg unter den alternativen Antrieben galt, deutet sich ein Abklingen der Wasserstoff-Euphorie an. Das Unternehmen Hylane, das die Brennstoffzellen-Technologie mit einem Miet-Lkw-Modell fördern wollte, hat jüngst seine Flotte um elektrische Schwerlastwagen erweitert. Batterie schlägt Brennstoffzelle? Es sieht ganz danach aus.

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