AUTOHAUS: Herr Hülsmann, während der Markt im ersten Halbjahr 2025 um 4,6 Prozent nachgab, legte Skoda um fast denselben Wert zu. Worin liegt der Unterschied zur Konkurrenz?

Jan-Hendrik Hülsmann: Wir legen aktuell vor allem im Markt für batterieelektrische Fahrzeuge zu. Einen wichtigen Beitrag leistet der Elroq, der Anfang des Jahres eingeführt wurde. Anders als erwartet sind die Substitutionen zum Karoq viel geringer. Beide Modelle sowie auch die ganze Modellpalette verkaufen sich stabil sehr gut, sodass wir zusätzliches Volumen erzielen und neue Kundengruppen erreichen.

AH: Man hört immer wieder: Mit Elektroautos lässt sich kaum Geld verdienen. Wie angespannt ist die Margensituation wirklich?

J.-H. Hülsmann: Die Margensituation im Elektrobereich ist herausfordernd für die gesamte Industrie. Kunden erwarten vergleichbare Preise zum Verbrenner, sowohl in den Listenpreisen, als auch in der Rate. Das ist logisch und nachvollziehbar. Da die Kostenparität aber noch nicht hergestellt ist zwischen Verbrenner und BEV, ergibt sich eine wirtschaftliche Herausforderung für uns.

AH: Die Skoda-Restwerte liegen deutlich über Marktniveau. Wie schaffen Sie das?

J.-H. Hülsmann: Restwerte sind für uns eine zentrale Kennzahl. Deshalb richten wir unsere Vertriebsprogramme konsequent darauf aus, sie zu schützen. Es gibt keine extremen Rabattaktionen und wir vermeiden tunlichst Tageszulassungen in großer Stückzahl. Mit Lagerfahrzeugen arbeiten wir im Sinne der Verfügbarkeit und Kundenerwartungen, aber nicht, um Druck auf den Handel aufzubauen. Zusätzlich bieten wir ein Programm, bei dem Händler das Restwertrisiko an uns abgeben können. Über zwei Drittel der Händler nutzen das bereits, sodass wir Klumpenrisiken vermeiden und Fahrzeuge gezielt wiederverteilen. Ein weitere Stütze ist das sehr gut diversifizierte Angebotsportfolio aus Hybriden, Benzinern, Dieseln und BEVs. Alles zusammen sorgt dafür, dass wir überdurchschnittliche Restwerte erzielen, was wiederum Kundenvertrauen in die Marke schafft und stärkt, gerade im Flottenbereich.

AH: Skoda hatte sich eine Elektroquote von rund einem Drittel vorgenommen. Wo steht man aktuell?

J.-H. Hülsmann: Wir liegen derzeit bei etwa 27 bis 28 Prozent. In den Zulassungen per August sind wir schon fast an der 30-Prozent-Marke. Noch spannender ist der Blick auf den Auftragseingang: Dort bewegen wir uns inzwischen Richtung 35 Prozent BEV und 40 Prozent Steckerquote – also batterieelektrische Fahrzeuge plus Plug-in-Hybride.

AH: Gibt es beim Thema E-Mobilität noch deutliche Unterschiede zwischen Ost und West, Stadt und Land?

J.-H. Hülsmann: Unterschiede gibt es, sie fallen aber geringer aus, als oft angenommen. In stark urbanen Räumen ist die Ladeinfrastruktur weiterhin eine Herausforderung, insbesondere für Laternenparker. In Vorstädten und ländlichen Gegenden funktioniert die Umstellung besser, weil dort mehr Menschen über eigene Stellplätze verfügen. Wesentlich ist außerdem die regionale Kundenstruktur: Wo viele Großkunden aktiv sind, steigt die E-Mobilitätsquote schneller als in anderen Regionen.

AH: Welche Neuheiten dürfen die Skoda-Händler noch erwarten?

J.-H. Hülsmann: Wir bringen 2026 zwei neue Elektro-Modelle: den Epiq, einen kleinen SUV knapp über 25.000 Euro, und einen großen siebensitzigen SUV. Wer die Studie Vision 7S kennt, hat eine gute Vorstellung davon. Damit erweitern wir unser Elektro-Portfolio am unteren wie am oberen Ende.

AH: Die Vision O zeigt, wohin sich Škoda im Kombi-Segment entwickeln will. Viele Studien bleiben jedoch reine Designübungen – wie konkret sind die Pläne, dieses Modell in Serie zu bringen, und in welchem Zeitrahmen?

J.-H. Hülsmann: Ich bin erstmal von den Reaktionen überwältigt. Wir haben das Auto sowohl der Presse, als auch ausgewählten Flottenmanagern, also großen Kunden, gezeigt. Das Feedback ist rundum positiv. Das gibt natürlich Rückenwind für die Realisierung solcher ambitionierten Projekte. Ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft einen elektrischen Kombi im Angebot haben werden und ich bin sicher, dass einige der tollen Designelemente, die wir beim Vision O gesehen haben, es in die Serie schaffen können.

AH: Das Flottengeschäft gilt als Stütze. Wie wichtig ist es für Skoda derzeit?

J.-H. Hülsmann: Flotten sind für uns ein starkes Standbein, welches wir stetig ausbauen. Wir haben im Flottenbereich einen Marktanteil, der sogar noch besser ist als unser Gesamtmarktanteil. Den bauen wir durch langjährige Partnerschaften, ein sehr gutes Restwertmanagement und ein sehr professionelles Großkundengeschäft auch in diesem Jahr weiter aus. Wir bieten wettbewerbsfähige Preise, ohne die Günstigsten sein zu müssen – weil wir überzeugt sind, dass wir mit unserem Markenimage, unserer breiten Modellpalette und den guten Restwerten ein attraktives Angebot für Flottenkunden haben.

AH: Der Handel konsolidiert sich rasant. Wie blickt Skoda auf diesen Prozess?

J.-H. Hülsmann: Konsolidierung ist aus meiner Sicht unvermeidbar. Der Wettbewerbsdruck steigt, während der Gesamtmarkt nicht wächst. Größere Gruppen können indirekte Kosten besser verteilen, daher werden weitere Zusammenschlüsse folgen. Für uns als Hersteller ist entscheidend, dass die Partner eine klare Strategie verfolgen.

AH: Sie unterscheiden zwischen KI, Automatisierung und Digitalisierung. Wo liegen für Skoda die größten Chancen?

J.-H. Hülsmann: Richtig, diese drei Themen darf man nicht in einen Topf werfen. Automatisierung ist etwas anderes als Digitalisierung, und beides wieder etwas anderes als KI. Bei Skoda gehen wir so vor: Erst die Technologie verstehen, dann schauen, welche Prozesse passen. Ein Beispiel: Datenmanagement profitiert stark von Digitalisierung, Routineaufgaben lassen sich automatisieren – und KI kann in komplexeren Entscheidungsprozessen unterstützen.

AH: Elektroautos brauchen weniger Service. Bricht da ein wichtiges Geschäft weg?

J.-H. Hülsmann: Ja, da erwarten wir Herausforderungen in der Zukunft. In manchen Betrieben spürt man das bereits deutlich, in anderen noch kaum. Wir reagieren bereits darauf und machen uns weiter Gedanken, wie wir darauf reagieren.

AH: Was heißt das konkret, wie wollen Sie gegensteuern?

J.-H. Hülsmann: Wir haben am 1. September eine Kampagne gestartet, die gezielt ältere Fahrzeuge der Segmente zwei und drei in die Markenwerkstätten zurückholt. Kunden erhalten abhängig vom Fahrzeugalter einen Teile-Nachlass nach dem Prinzip Fahrzeugalter mal drei. Ist Ihr Auto also 10 Jahre alt erhalten Sie den Maximalrabatt von 30% auf den Teilepreis. Die Aktion finanzieren wir als Skoda, aber auch der Händler bringt einen Beitrag. Die Aktion läuft mit großem Werbedruck und ist ein Testballon. Unser Ziel ist klar: Wenn das Reparaturpotenzial sinkt, müssen wir uns noch mehr Gedanken darüber machen warum wir Kunden ab einem gewissen Fahrzeugalter an die freien Werkstätten verlieren.

AH: Reicht das aus, um den Rückgang im Servicegeschäft abzufedern?

J.-H. Hülsmann: Entscheidend ist ein Maßnahmenbündel. Wir wollen z.B. auch jedes Fahrzeug konsequent „connecten“, also den Kunden mit einem digitalen Konto ans Auto koppeln. Ziel ist es, mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben, sowohl als Hersteller, als auch als Händler. Das kostet fast nichts und ist ein großer Hebel, vor allem bei Gebrauchtwagen, wo die Quote bisher niedrig ist. Dort haben wir noch großes Potenzial.

AH: Stundenverrechnungssätze steigen immer weiter. Werden sie zur Gefahr für die Kundenbindung?

J.-H. Hülsmann: Hohe Stundensätze und Teilepreise sind Ergebnis von Inflation und Kostensteigerungen. Jeder Händler muss seine Preise betriebswirtschaftlich sauber kalkulieren. Aber klar: Es gibt eine Schmerzgrenze, ab der Kunden nicht mehr bereit sind, die Leistung zu bezahlen. Deshalb überlegen wir uns weiter, wie wir Serviceleistungen für den Kunden erschwinglich halten.

AH: Wie machen Sie Service für Kunden bezahlbar, wenn Budgets eng sind?

J.-H. Hülsmann: Eine Möglichkeit sind Finanzdienstleistungen, mit denen sich Kosten über die Zeit strecken lassen. Denkbar sind auch Modelle wie Werkstatt-Leasing. Wichtig ist dabei, dass der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Fahrzeugwert steht.

AH: Welche Rolle spielen Servicepakete dabei?

J.-H. Hülsmann: Sie können eine wichtige Rolle spielen, weil sie Kosten kalkulierbarer machen. Unerwartete Ausgaben sind für viele Kunden ein großes Ärgernis. Wenn Wartungs- und Verschleißpakete frühzeitig angeboten werden, auch im Gebrauchtwagengeschäft, lässt sich das Mobilitätsbudget stabil halten und besser planen.

AH: BYD & Co. drängen auf den Markt. Wie ernst nehmen Sie die neuen Wettbewerber aus China?

J.-H. Hülsmann: Sehr ernst. Wir tun gut daran, die chinesischen Marken nicht zu unterschätzen. Aber wir haben solche Phasen schon erlebt: Die japanischen Marken haben sich etabliert, später die koreanischen – und trotzdem hat Skoda immer seinen Weg gefunden. Ich bin überzeugt, dass wir auch diesmal bestehen werden. Wichtig ist für uns, das erreichte Marktniveau zu halten und gezielt Chancen zu nutzen.

AH: Sie selbst haben fünf Jahre in China gearbeitet. Welche Lehren ziehen Sie daraus für den deutschen Markt?

J.-H. Hülsmann: China ist ein Schaufenster in die Zukunft. Dort erleben Sie Technologien und Geschäftsmodelle Jahre früher. Elektromobilität, Konnektivität, autonomes Fahren: All das ist in China deutlich präsenter im Alltag als es bei uns noch der Fall ist. Ich habe mitgenommen, dass viele Trends dort früher entstehen.  Der Alltag in China ist komplett durchdigitalisiert. Sehr effizient und in vielen Bereichen auch wegweisend für uns. Fünf Jahre in China kamen mir vor wie zehn Jahre in Deutschland – die Dynamik ist enorm. Und vieles, was ich dort damals gesehen habe, prägt unseren Markt inzwischen ebenfalls.

AH: 2024 haben die Skoda-Händler außergewöhnlich gut verdient. Wird 2025 ähnlich stark?

J.-H. Hülsmann: Das erste Halbjahr 2025 hat gezeigt, dass es wieder ein sehr erfolgreiches Jahr werden kann. Wir liegen weiter klar über Branchenschnitt und auch über unserem langjährigen Profitabilitätsziel. Im Verhältnis zum Umsatz vielleicht etwas schwächer als im Vorjahr, aber durch steigende Volumina sollten wir das ausgleichen können. Kurz gesagt: Händlerprofitabilität bleibt bei Skoda auf einem sehr hohen Niveau.

AH: Wird die Einführung der BEV Agentur weiter vorangetrieben? Diese ist ja seitens Skoda auf den 1.1.2026 verschoben worden.

J.-H. Hülsmann: Wir haben die verschiedenen Impulse bezüglich des Agenturmodells für Elektrofahrzeuge aufgenommen und, auch vor dem Hintergrund der Marktlage die im Moment viel Unternehmertum, Flexibilität und Geschwindigkeit benötigt, entschieden, die BEV Agentur für die Marke Skoda in Deutschland nicht einzuführen. Die bestehende Großkundenagentur für alle Fahrzeugmodelle wird fortgeführt.

AH: Welche Hausaufgaben sehen Sie für das Skoda-Händlernetz in den kommenden Jahren?

J.-H. Hülsmann: Aus meiner Sicht gibt es drei zentrale Handlungsfelder. Erstens gilt es, die bestehenden Programme im Service aktiv zu nutzen, um insbesondere das Segment zwei stärker für die Markenwerkstätten zurückzugewinnen. Zweitens ist die konsequente Vernetzung aller Fahrzeuge, auch im Gebrauchtwagengeschäft, entscheidend, um Servicekontakte zu sichern. Und drittens bleibt der Hochlauf der Elektromobilität eine Kernaufgabe. Auch wenn die Rahmenbedingungen herausfordernd sind, ist dies der Markt der Zukunft. Wer hier frühzeitig Präsenz zeigt, schafft die Grundlage für langfristigen Erfolg.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.