Bisher war bei Mercedes in Bezug auf die Neuauflage von Vito und V-Klasse stets nur von einer Luxus-Großraumlimousine die Rede. Doch Mercedes nimmt auch das Gewerbe mit in die Zukunft und entwickelt den Sprinter weiter.
Seit Mercedes vom neuen Van-Portfolio spricht, regt sich Unruhe bei Handel, Handwerk und Gewerbe. Denn bislang war immer nur von VLE und VLS die Rede, die als Nachfolger der V-Klasse noch luxuriöser werden und weiter an die Pkw heranrücken sollten. Doch jetzt gibt es aus Stuttgart eine tröstende Botschaft für professionelle Nutzer. Auch der Vito und der Sprinter bekommen Nachfolger auf der neuen, vor allem für den Elektroantrieb optimierten Architektur. Die Premiere der gewerblichen Modelle stellt Mercedes ebenfalls für das nächste Jahr in Aussicht.
Bei Aufbau und Ausstattung gibt es nun noch weniger Gemeinsamkeiten, verspricht Entwicklungsleiter Andreas Zygan, der damit für beide Kundengruppen die Zeit der Kompromisse beenden will. Doch nutzen VLE und VLS sowie die Nachfolger von Sprinter und Vito zumindest den gleichen Baukasten, der als Van.EA ("Van Electric Architecture") apostrophiert wird.
Reichweite soll jenseits von 500 Kilometern liegen
Er nutzt eine elektrische 800-Volt-Architektur für schnelle Ladezeiten und einen ebenen Wagenboden, soll Reichweiten jenseits von 500 Kilometern ermöglichen und auch mit zwei E-Maschinen für Allradantrieb ausgerüstet werden können. Obwohl vor allem für die Generation E entwickelt, will Mercedes seine Transporter parallel allerdings auch weiterhin als Diesel anbieten, bestätigte Zygan.
Zum Design der neuen Modelle machen die Schwaben dagegen noch keine Angaben. Dabei ist das doch längst in Stein gemeißelt. Und das kann man diesmal sogar wörtlich nehmen. Denn als einen ersten Vorgeschmack auf die Premiere hat Mercedes jetzt eine Skulptur enthüllt, die zumindest erste Züge der kommenden Kastenwagen zeigt.
Softwaredefinierte Transporter: Der Sprinter wird digital
Technisch basiert der künftige Transporter auf einer neuen Van-Architektur, die ab 2026 alle mittelgroßen und großen Modelle tragen wird. Diese Plattform ist modular ausgelegt und erlaubt sowohl elektrische Varianten als auch Verbrenner. Gleichzeitig zieht mit dem Mercedes-Benz Operating System, kurz MB.OS, erstmals eine vollständig vernetzte Software-Architektur in die Nutzfahrzeuge der Marke ein. Ganz neu ist die in Stuttgart komplett selbst entwickelte Software allerdings nicht. Sie steuert bereits die Systeme der eben eingeführten Pkw CLA und GLC, und sie wird auch in dem für Anfang 2026 angekündigten Nachfolger des elektrischen Maxi-Vans EQV eingesetzt.
MB.OS darf man nicht mit dem bekannten MBUX-System verwechseln. Während MBUX die sichtbare Bedien- und Infotainment-Ebene bildet, arbeitet MB.OS im Hintergrund als technisches Rückgrat. Es verwandelt den Sprinter in einen rollenden Computer, dessen Funktionsumfang sich über Jahre erweitern und aktualisieren lässt. Statt vieler einzelner Steuergeräte, die mehr oder weniger erfolgreich miteinander kommunizieren, arbeiten im softwarebasierten Fahrzeug nur wenige zentrale Hochleistungsrechner. Sie vernetzen sämtliche Systeme und stehen in permanentem Austausch mit der Mercedes-Cloud.
Vier digitale Domänen
Das Fahrzeug wird dabei in vier digitale Domänen gegliedert: Infotainment, autonomes Fahren, Fahren und Laden sowie Karosserie und Komfort. In jeder Domäne laufen die Daten über eine einheitliche Architektur zusammen. Parallel sammelt, verarbeitet und aktualisiert die Mercedes-Cloud Karten- und Fahrzeugdaten, Software-Updates und KI-gestützte Analysen. Dort laufen alle komplexen und datenintensiven Rechenleistungen, während das Fahrzeug nur die jeweils aktuell relevanten Daten empfängt.
Sofern die Hardware bereits an Bord ist, lassen sich so jederzeit neue Funktionen aufspielen. Beispielsweise neue Fahrassistenzsysteme, die Daten aus Kameras oder Radarsensoren auswerten. Oder ein optimiertes Energiemanagement, um den Stromverbrauch zu senken. Dabei sollen die Nutzer selbst entscheiden, wann sie neue Software aufspielen - über WLAN im Betriebshof oder mobil per 5G. Und sie legen fest, welche Daten erhoben und genutzt werden.
Stella Löffler, Projektleiterin für digitale Extras bei Mercedes Vans, beschreibt MB.OS als "Superhirn", das alle Bereiche intelligent verknüpft. Künstliche Intelligenz soll das Nutzerverhalten erkennen, Routen und Ladepausen optimieren und den Wartungsbedarf frühzeitig melden. Sensoren überwachen kontinuierlich Batterie- und Systemzustände, bei Bedarf kann sich das Fahrzeug selbstständig melden oder direkt die Werkstatt informieren. So sollen Ausfallzeiten sinken und die Produktivität steigen. Beides Eigenschaften, auf die gerade gewerbliche Nutzer besonderen Wert legen. Für große Flotten entwickelt Mercedes zudem Tools wie Van Uptime, das Fahrzeugdaten auswertet und Wartungen automatisch plant, auf Wunsch sogar direkt beim Kunden auf dem Hof.
Als offenes System bietet MB.OS auch Raum für externe Anwendungen. Während der Fokus im Pkw eher auf Apps für die Unterhaltung der Passagiere liegt, sollen gewerbliche Nutzer im Transporter künftig branchenspezifische Apps integrieren, etwa zur Flottensteuerung oder Auftragsabwicklung. Mercedes prüft dazu Partnerschaften mit Anbietern wie SAP, entwickelt aber ebenso eigene Dienste, um Daten aus Fahrzeug und Cloud optimal zu verknüpfen. Wie Smartphones lässt sich jeder Transporter künftig individuell konfigurieren. "Der Nutzer lädt nur herunter, was er braucht, alles andere löscht er", erklärt Löffler. Auch Aufbauhersteller oder Reisemobil-Spezialisten können künftig direkt auf Sensorik und Steuerung zugreifen. Damit eröffnet die digitale Plattform für jede Branche und jeden Einsatzzweck völlig neue Möglichkeiten.
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