Moderne Autos unterscheiden sich zunehmend über ihre digitalen Fähigkeiten. Während Motorleistung und Hubraum an Bedeutung verlieren, prägen Software, Konnektivität und Update-Fähigkeit immer stärker den Charakter neuer Modelle. Die Branche entwickelt sich hin zu Fahrzeugen, deren Funktionen über zentrale Rechner gesteuert und über die Cloud aktualisiert werden. Elektrifizierung, automatisiertes Fahren und neue E-Architekturen beschleunigen diese Entwicklung. 

Kern des Wandels ist das so genannte Software Defined Vehicle (SDV). Dabei bündelt eine zentrale Rechnerstruktur zahlreiche bisher getrennte Steuergeräte und definiert viele Funktionen softwareseitig. Dadurch lassen sich Abläufe vereinheitlichen, neue Funktionen per Update aufspielen und bestehende Systeme über den gesamten Lebenszyklus anpassen. Hersteller investieren Milliarden in neue Softwareplattformen und zentrale Rechnerarchitekturen, um Funktionen künftig per Update erweitern oder anpassen zu können. Zulieferer wie Bosch richten ihre Geschäftsmodelle auf softwaregetriebene Dienste aus. Mit der Verschiebung zur Software ändert sich auch der wirtschaftliche Fokus. Hersteller verdienen nicht mehr nur am Neuwagen, sondern zunehmend an digitalen Diensten während der Nutzung. 

Nahtlose Integration in den Nutzer-Alltag 

Touchscreens, digitaler Schlüssel oder Over-the-Air-Updates prägen bereits den Alltag vieler Autofahrer. Immer mehr Kunden erwarten ein Fahrzeug, das sich nahtlos in ihren digitalen Alltag einfügt. Laut einer Befragung der Unternehmensberatung McKinsey würden 45 Prozent der deutschen E-Auto-Käufer für bessere Softwarefunktionen die Marke wechseln. Komfortfunktionen wie In-Car-Payment (Mercedes) oder die Parkplatzsuche und -bezahlung über das Infotainmentsystem (Kia) sind bereits verfügbar. Zugleich lassen sich bestimmte Komfortfunktionen bei vorhandener Hardware nachträglich freischalten – etwa hellere Scheinwerfer oder eine individuell anpassbare Innenraumbeleuchtung. Rund 39 Prozent der von McKinsey Befragten stehen solchen Angeboten offen gegenüber. Gleichzeitig zeigt der DAT-Report 2023, dass der Wandel aktuell nicht ohne Probleme verläuft: 23 Prozent der Halter neuer Fahrzeuge berichten dort von Softwarefehlern – deutlich mehr als bei älteren Modellen.

Ein zentraler Vorteil der SDV-Architektur ist, dass Updates Funktionsumfang und Sicherheit über Jahre erweitern können, Fehlerbehebungen ohne Werkstattbesuch ermöglichen und das Fahrzeug somit länger "frisch" bleibt. Sprachsteuerungen, digitale Schlüssel oder OTA-Updates sollen durch zentrale Plattformen zuverlässiger und schneller nutzbar werden. Volvo etwa setzt bei den neuen Modellen wie EX90 und ES90 auf eine einheitliche Softwarebasis, die sich an unterschiedliche Märkte und Varianten anpassen lässt. Ein neues Testzentrum in Göteborg prüft Programme und Funktionen rund um die Uhr unter reproduzierbaren Bedingungen. Auch andere Hersteller wie Hyundai, Renault und VW haben entsprechende Modelle angekündigt; bei VW soll der ID.1 als erstes Modell im Konzern auf der neuen Softwareplattform basieren.

Auch für den Nutzfahrzeugbereich

Dass das Konzept nicht auf Pkw beschränkt ist, zeigt Renault. Die Franzosen bringen 2026 eine neue Transporter-Generation mit skalierbarer SDV-Architektur auf den Markt. Gewerbekunden profitieren von offenen Schnittstellen, über die sich eigene Systeme einbinden lassen. Aufträge können direkt ins Fahrzeug eingespielt werden, Spezialfahrzeuge wie Krankenwagen oder Kühltransporter erhalten eigene, fahrzeugspezifische Apps. Vernetzte Diagnosen melden frühzeitig Wartungsbedarf; Flotten lassen sich effizienter planen. Fachleute rechnen damit, dass kontinuierlich aktualisierte Fahrzeuge im Wiederverkauf Vorteile haben.

Die Abhängigkeit von laufenden Updates birgt jedoch Risiken. Das zeigte der Fall Fisker, wo nach der Insolvenz des Herstellers zeitweise ohne funktionierende Hersteller-Cloud grundlegende Funktionen nicht mehr verfügbar waren. Das verdeutlicht, wie stark Software-Pflege und -Verfügbarkeit darüber entscheiden, ob ein Fahrzeug technisch auf der Höhe oder sogar funktionstüchtig bleibt.

Komfortfunktionen wie In-Car-Payment (Mercedes) sind bereits verfügbar © Foto: Mercedes-Benz

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