Mit zwei starken, verbrennerlosen Abarth-600-Modellen wollen die Italiener ein Zeichen setzen und zeigen, dass sich Elektro und Emotion nicht ausschließen müssen. Der Autor hat beide Offerten gefahren und ist grinsend ausgestiegen.
Die italienische Stellantis-Tochter Abarth trägt ihre Bissigkeit schon im Markenlogo: Der markante Skorpion soll andere Verkehrsteilnehmer das Fürchten lehren, könnte man denken. Und dann einen Blick auf das von Abarth bei der Fahrvorstellung zur Verfügung gestellte Datenblatt geworfen: "Scorpionissima" steht dort, quasi Skorpion zum Quadrat, wenn man so will. Doch was heißt das? Ganz einfach, dass der 600er Feuer hat, und das ist auch ohne Verbrennersound recht eindrucksvoll. Das aus dem Alfa Romeo Junior Elettrica Veloce bekannte 280-PS-Aggregat sorgt schon dafür.
Wobei der elektrisch angetriebene Abarth sogar Sound kann, und das sogar ziemlich laut. Allerdings steckt dahinter natürlich nicht das Zündgeräusch eines Verbrenners, stattdessen wird der Klang künstlich erzeugt und entweicht dem Lautsprecher. Ganz ehrlich? Am besten ausschalten.
Denn viel cooler ist es fast, wenn der Fronttriebler nahezu lautlos auf Tempo schnalzt. Und dass er bloß über eine angetriebene Achse verfügt, hat wie so viele Dinge im Leben Vor- und Nachteile. Denn einerseits bekommt der Kunde ein performantes Elektrofahrzeug, das mit 1,6 Tonnen Leergewicht noch halbwegs im Rahmen bleibt. Andererseits aber ist gerade das maximale Beschleunigen aus dem Stand heraus eine Herausforderung für die Vorderräder. Ohne Traktionsprobleme läuft hier gar nichts, und die vom Werk versprochenen 5,9 Sekunden bis 100 km/h lassen sich nur mit feinfühligem Gasfuß realisieren.
Braucht es den Topmotor?
Das wirft die Frage auf, ob man nicht vielleicht auch mit dem 40 PS schwächeren Turismo auskommen kann. Denn der ist, obwohl mit 44.990 Euro schon teuer genug, immerhin auch noch 4000 Euro günstiger als die starke Ausführung. Nur tritt das Biest immer noch maximal nachdrücklich an, braucht 6,2 Sekunden, um Landstraßentempo zu erreichen. Ich habe beide Varianten im direkten Vergleich gefahren und gefühlt keinen signifikanten Unterschied festgestellt.
Demnach wirkt das Topmodell allenfalls eine Nuance schneller und in der Höchstgeschwindigkeit besteht ebenfalls kaum ein Unterschied - beide Ausgaben laufen für Elektroautoverhältnisse zügige 200 km/h. Wer gerade dabei ist, abzuwägen, welcher 600e es werden soll, muss sich vermutlich nicht selten mit den berühmten zwei Seelen in der Brust herumschlagen. Siegt die Lust an der größeren PS-Zahl oder doch ganz profan die Vernunft? Zumindest ist das vernünftigere Auto (sofern man im Kontext mit Abarth überhaupt von Vernunft reden kann) in diesem Fall nicht das weniger spaßigere.
Abarth weist auch vernünftige Elemente auf
Aber gibt es denn überhaupt vernünftige Elemente zu finden bei den derzeit stärksten Abarth-Modellen? Klar, denn die SUV sind einfach auch praktische Alltagsgesellen. Denn erstens bieten die mit 4,19 Metern zwar citytauglich bemessenen Kleinwagen selbst losgelöst vom Segment betrachtet hinreichend akzeptable Platzverhältnisse. Und zweitens fallen die Stühle selbst dank sportlicher Ausprägung ganz schön üppig und komfortabel aus. Und wieder einmal wäre der Beweis geführt, dass sportliche Autos keine Alltagsverweigerer sein müssen. So arbeitet auch das Fahrwerk ganz manierlich, wenngleich der Italiener heftiger ausgeführte Bodenwellen schon trocken nimmt. Dafür lässt sich der Kleine mit dem griffsympathischen Lenkrad fix um die Ecken scheuchen.
Klar muss allerdings sein, dass längere Urlaubsreisen nicht ohne Ladestopps auskommen werden. Man kann die Wenigkeit von 51 kWh selbst bei noch so großer Effizienz nicht wegdiskutieren. Und bis zu knapp 19 kWh Stromverbrauch je 100 Kilometer in der gemittelten Disziplin sind nicht einmal besonders genügsam. Okay, dafür sind die Fahrleistungen mehr als ansehnlich. Nutzt der User diese indes, steht der Abarth nach nicht einmal 300 Kilometern wieder an der Ladestation. Dann braucht es knapp eine halbe Stunde, um die Batterie wieder auf rund 80 Prozent zu laden (100 kW).
Immerhin darf man sich den 600e in der Ladepause noch einmal so richtig zu Gemüte führen. Und das lohnt sich: Er schmeichelt dem Auge mit knallig lackierten Bremssätteln, bunten Lacktönen, dem prägnanten Abarth-Schriftzug im Bereich der Flanken sowie einem ehrlicherweise etwas überdimensionierten Diffusor. Und wenn man genau hinschaut, sieht man sogar den im Kunststoffstoßfänger eingelassenen Skorpion. Der ist keine leere Drohung, denn der peppig lackierte Abarth 600e ist wirklich bissig. Selbst als Grundmodell.
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