Die schwersten Luxus-SUV geben sich gerne sportlich und knacken immer öfter die 300-km/h-Grenze. Dafür braucht es aber gewaltige Kräfte - und oft genug elektrische Unterstützung. Beispiele aus der Welt der schnellen Schwergewichte.

Normalerweise gilt in Montana in den USA ein Tempolimit von 80 Meilen oder umgerechnet 130 km/h pro Stunde. Doch wenn Markus Thiel Gas gibt, zeigt der Tacho schnell mal dreistellige Werte. Schließlich verantwortet der Ingenieur die Fahrdynamik bei Bentley und sitzt im neuen Bentayga Speed. Auf einer der vielen Ranches am Rande des Yellowstone National Parks und damit außerhalb der Schussweite der allgegenwärtigen Radarpistolen will er beweisen, dass die Trägheit der Masse kein unumstößliches Gesetz ist und man auch einen Geländewagen von mehr als 2,5 Tonnen sehr schnell und sehr sportlich bewegen kann - wenn man ihm denn nur genügend Leistung spendiert und sein Fahrwerk entsprechend überarbeitet.

Damit ist Thiel nicht alleine. Weil traditionelle Sportwagenhersteller wie Bentley, Lamborghini oder Aston Martin ihre Fehltritte ins SUV-Segment mit atemberaubenden Fahrleistungen entschuldigen und so ihre Glaubwürdigkeit wahren wollen, trifft dieser "schnellste und stärkste Bentayga aller Zeiten" auf eine ganze Reihe von Konkurrenten.

Um diese Elefanten in Eile auf Geschwindigkeiten jenseits von 300 km/h zu bringen, treiben die Hersteller einen gewaltigen Aufwand und punkten immer mit zum Teil deutlich mehr als 600 PS, wählen aber ganz unterschiedliche Ansätze: Bentley zum Beispiel rühmt sich des bewussten Verzichts aufs jedwede Elektrifizierung und setzt genau wie Aston Martin auf einen entsprechend potenten V8-Motor, Porsche und Audi brauchen für die Exzesse in Cayenne und Q8 einen Extra-Boost aus der Batterie, Lamborghini knackt die 300 km/h sowohl mit als auch ohne elektrische Hilfe und Ferrari ist aktuell der Einzige, der die Schallmauer mit zwölf Zylindern und dafür ohne Turbo schafft.

Was diese kolossalen Kraftprotze können, was sie ausmacht und was sie kosten - ein paar aktuelle Beispiele.

Bentley Bentayga Speed

Einer geht noch - nach diesem Motto hat Bentley für den Bentayga den mutmaßlich letzten "Speed" ohne elektrische Unterstützung entwickelt. Zwar mussten die Briten Abschied nehmen von ihrem lieb gewordenen W12-Motor, verkneifen sich aber auch den Plug-in-Hybrid aus dem neuen Continental. Stattdessen fährt der 2466 Kilo schwere Koloss aus Lack und Leder mit einem nach alter Väter Sitte auf 650 PS getunten V8-Motor, der aus seinen vier Litern Hubraum 850 Nm schöpft und durch einen neuen Sportauspuff nur so vor Lust und Leidenschaft brüllt.

Das reicht für einen Sprintwert von 3,6 Sekunden und ein Spitzentempo von 310 km/h - und für gleich zwei Superlative. Denn egal, ob aktuelles Basis- oder früheres Top-Modell: Kein Bentayga vor ihm war stärker oder schneller. Und vieles spricht dafür, dass ihn auch kein späteres Modell mehr überbieten wird. Allerdings lassen sich die Briten das Sportabzeichen gut bezahlen: Startet der Bentayga aktuell bei 220.800 Euro, verlangen sie für den Speed immerhin 268.800 Euro.

Ferrari Purosangue

Er ist zwar nicht das einzige SUV mit zwölf Zylindern, sondern teilt sich diese Extravaganz mit dem Rolls-Royce Cullinan. Doch während die Briten sich traditionell nicht hetzen lassen, sich den Luxus der Langsamkeit leisten und sich deshalb mit 250 km/h bescheiden, ist Ferrari seiner Kundschaft ein bisschen mehr Rasanz schuldig. Erst recht, wenn er die anderen SUV so lange kritisiert hat. Deshalb steckt unter der langen Haube des Purosangue ganz typisch für Ferrari ein V12-Sauger, der spektakuläre 725 PS und 716 Nm leistet, den ersten Offroader und zugleich den ersten Viertürer aus Maranello in 3,3 Sekunden auf Tempo 100 katapultiert und bei Vollgas bis zu 312 km/h schafft.

Dass er so schnell ist, verdankt er aber nicht nur seinem konkurrenzlosen Antrieb, sondern auch seinem, nun ja, geringen Gewicht: Mit 2033 Kilogramm ist er unter diesen Schwergewichten noch das leichteste. Dafür allerdings markiert er in einer anderen Disziplin die Spitze: Bei einem Grundpreis von rund 400.000 Euro ist er mit Abstand das teuerste SUV.

Aston Martin DBX S

Es geht noch was bei Aston Martin. Denn nach alter Tradition rüsten die Briten den frisch überarbeiteten DBX jetzt gar vollends zum Super-SUV auf und machen ihn dafür in diesem Sommer zum S-Modell. Nachdem die Leistung des herkömmlichen DBX 707 PS bereits nahezu konkurrenzlos war, ist der mit neuen Turboladern erzeugte Zuwachs für den 4,0 Liter großen V8-Motor auf 727 PS zwar vergleichsweise gering. Doch weil sie zudem mit exklusiven Materialien deutlich das Gewicht reduzieren, die Abstimmung nachschärfen und am Klang gearbeitet haben, versprechen die Briten ein engagierteres und dynamischeres Fahrerlebnis. Nur am Spitzentempo ändert sich nichts. Aber das war mit 310 km/h ohnehin schon atemberaubend genug.

Dafür soll das Super-SUV mit neuen Anbauteilen an der Karosserie und einem entsprechend veredelten Interieur ebenfalls mehr hermachen. Selbst wenn sie bislang noch keinen Preis nennen, werden sie sich das allerdings auch gut bezahlen lassen und gegenüber dem rund 250.000 Euro teuren DBX 707 einen stolzen Aufschlag erheben.

Lamborghini Urus

Lamborghini ist eine Marke der Extreme - und übt sich deshalb auch bei seinem SUV nicht in falscher Bescheidenheit. Wo andere Hersteller, wenn überhaupt, dann meist nur eine Modellvariante irgendwie über die 300er-Grenze bringen, schafft der Urus das in allen drei Versionen. Und das, obwohl er mit mindestens 2150 Kilogramm auch nicht eben ein Leichtgewicht ist.

Die Basisversion Urus S kommt mit ihrem vier Liter großen V8 auf 666 PS, sprintet in 3,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht 305 km/h, der Performante ist mit der gleichen Leistung etwas schneller, braucht 3,3 Sekunden und schafft 306 km/h und wer sich vom E-Motor des Plug-in-Hybriden im Urus SE helfen lässt und dafür 261.500 Euro locker macht, der kann auf eine weithin konkurrenzlose Systemleistung von 800 PS bauen, den Standardsprint in 3,4 Sekunden absolvieren und mit 312 km/h allen anderen SUV eines Serienherstellers davonfahren. Einzig der Ferrari fährt da noch mit.

Porsche Cayenne Turbo SE

Zwar gehören Lamborghini und Bentley zum VW-Konzern und Aston Martin nutzt den V8-Motor von Mercedes-AMG. Doch die eigenen SUV der deutschen Hersteller haben in der Liga der eiligen Elefanten wenig zu melden.

Der Porsche Cayenne, dem sicher niemand eine überbordende Behäbigkeit unterstellen würde, braucht schon das Weissach-Paket für das 739 PS starke Turbo SE Coupé, um die 300er-Grenze zu knacken. Mit entsprechendem Leitwerk ein wenig aerodynamischer und mit ein bisschen Leichtbau "nur" noch 2495 Kilogramm schwer, dafür dann aber stolze 217.500 Euro teuer, kommt der Plug-in-Hybrid dann in 3,6 Sekunden auf Tempo 100 und schafft als einziges SUV aus Stuttgart 305 km/h.

Audi RS Q8

Und Porsche ist nicht der Einzige, der Klimmzüge machen muss, um die Schallmauer einzureißen: Auch der mit mindestens 144.400 Euro in dieser Liga fast schon billige Audi RS Q8 muss sich mit seinem bis zu 640 PS und 850 Nm starken V8-Motor ganz schön strecken und braucht ein erweitertes Dynamik-Paket, damit am Ende 305 km/h im Fahrzeugschein stehen.

Aber dafür dürfen sie dann auch in einer elitären Clique mitfahren, die BMW und Mercedes verwehrt ist. Denn der XM als schnellstes SUV aus München schafft maximal 290 km/h und für den Mercedes-AMG GLE 63 ist bei 280 km/h Schluss.

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