Die neue Straßenversion der Harley-Davidson Pan America rollt auf einem 17-Zoll-Fahrwerk. Sie mutiert so vom On-/Offroadmodell zu einem zweirädrigen Straßen-SUV mit Reisetalent.
Erfolg sieht anders aus: Laut der offiziellen Investoren-Information haben im ersten Vierteljahr 2025 nur noch 955 neue Pan Americas die Produktionshallen verlassen; im ersten Vorjahresquartal waren es immerhin noch 1.662 Einheiten. Weil ein hoher Anteil von Pan-America-Interessenten angesichts von 258 Kilo Leergewicht der 1250 Special keinerlei Geländeambitionen entwickeln, stellten die Entwickler zur Attraktivitätssteigerung der Adventure Touring-Baureihe (1250 Special und 1250 CVO) nun eine reine Straßenversion auf die Räder.
Der Pan America mit dem Kürzel ST ist anzusehen, dass die Entwickler Hand angelegt haben. Sie hat kleinere 17-Zoll-Räder mit Straßenbereifung, einen niedrigeren Frontkotflügel und das Windschild ist gekappt. Negativ fällt das nicht mehr vorhandene Kurvenlicht in der Frontmaske auf. Trotzdem ist die ST natürlich sofort als "Pan Am" identifizierbar; der eigenwillig-eckige Vorderbau ist sehr markant. Im Cockpit hat sich praktisch nichts verändert, auch nicht bei den Hebeleien und sonstigen Bedienungselementen. Nicht zu sehen ist, dass das variable Ride Hight System, das die Fahrwerkshöhe im Stand abzusenken vermag, bei der ST nicht geordert werden kann und die ST 12 Kilogramm weniger auf die Waage bringt.
Einen wesentlichen Unterschied gibt es beim Fahrwerk: Statt der semiaktiv arbeitenden Federelemente an der Special und der CVO bietet die ST mechanisch voll einstellbare Showa-Komponenten. Wer sich die Mühe des Feintunings macht, wird ähnlich gute Ergebnisse erzielen wie die Automatik in den beiden Hochbein-Versionen. Die gebotenen 17 Zentimeter Federweg sind auf Land- und Bergstraßen jedenfalls ein üppiges Angebot; Angst vor schlechten Streckenabschnitten ist unbegründet. Als Folge des Federweg-Verlustes reduziert sich bei der ST die Sitzhöhe von 85 auf 82,5 Zentimeter; für Kleinere stellt dieses Minus ein klares Plus dar. Die auf nach wie vor satinschwarzen Leichtmetall-Gußrädern montierten Pneus "Scorcher Sport" aus dem Hause Michelin in Harley-Konfiguration funktionieren auf trockener Straße astrein.
Weniger Fahrmodi tun nicht weh
Im direkten Vergleich zwischen Special und ST ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede im Kurven-Einlenkverhalten und in der Kurvenstabilität; mag sein, dass mancher mit dem kleineren Vorderrad in Wechselkurven einen geringfügigen Vorteil realisieren kann. Nachdem ja schon die Special nicht gerade kurvenunwillig ist, fällt die Differenz gering aus. Wer in dieser Klasse extreme Kurvenagilität sucht, muss sich anderswo umschauen.
Absolut unverändert zu den bisherigen Pan Ams gibt sich der Zweizylinder: Stets rappelig arbeitend, hängt er gut am Gas, agiert druckvoll und mit 152 PS überzeugend kraftvoll, ist aber weder charismatisch noch wirklich geschmeidig. Im realen Verkehrsgeschehen ist der Pilot auf der ST objektiv stets überlegen motorisiert. Die Bremsanlage ist unverändert: Brembos Radial-Monoblöcke sind eine Bank. Die umfangreichen Assistenzsysteme von der schräglagenfähigen Traktionskontrolle bis hin zum Tempomaten agieren zurückhaltend, sind aber bei Bedarf stets fix bei der Sache. Dass statt sieben Fahrmodi bei der Special in der ST nur noch fünf geboten sind, ist kein Verlust: Für mehr als Feldwege ist diese nicht gedacht, so dass die zwei Offroad-Modi nicht vermisst werden.
Mehr als die bekannten Versionen Special und CVO bietet die ST-Version in puncto Nutzlast: Das Plus liegt bei 12 Kilogramm, weil das Leergewicht ja sinkt und das Gesamtgewicht von 455 Kilo unverändert bleibt – sicher ein Vorteil im Zweipersonenbetrieb. Selbstverständlich sind unveränderte Gepäcksysteme lieferbar. Insgesamt erscheint die ST als vernünftiges Angebot: Sie ist ein bequemer Straßentourer mit reichlich Federweg, ausreichend agil und immer noch gut ausgestattet. Als Sonderangebot geht sie angesichts der geforderten 20.000 Euro natürlich nicht durch. Das muss sie auch nicht, angesichts ihrer edlen Abstammung aus den Werkshallen von Harley-Davidson.
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