Die gesetzliche Krankenversicherung steckt in der Krise - Ausgaben und Einnahmen klaffen immer stärker auseinander. Nun schlägt der Bundesrechnungshof Alarm.
Die gesetzliche Krankenversicherung steckt tief in den roten Zahlen. Die Kassen geben deutlich mehr Geld aus, als sie einnehmen, obwohl die Krankenkassenbeiträge zuletzt deutlich gestiegen sind - so stark wie nie zuvor in den vergangenen 30 Jahren. Und die Schere droht immer weiter auseinanderzugehen: Laut einem Bericht des Rechnungshofs an den Haushaltsausschuss könnte die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um sechs bis acht Milliarden Euro wachsen.
In den kommenden Jahren drohen damit weitere Beitragssteigerungen. Der Bundesrechnungshof fordert die Regierung auf, schnell ein Konzept zu erarbeiten, um die Finanzen der Kassen langfristig zu stabilisieren. Ansonsten würden die Zusatzbeiträge in den nächsten Jahren weiter deutlich steigen. Das würde Arbeitgeber und Beitragszahlende so massiv belasten, dass ein möglicher wirtschaftlicher Aufschwung gefährdet sei. In seinem Bericht beziehen sich die Finanzkontrolleure auf eine Prognose aus dem Bundesgesundheitsministerium. Demnach rechnet ein mittleres Szenario damit, dass die Zusatzbeiträge bis zum Jahr 2029 auf 4,05 Prozent ansteigen.
Kosten für Arzneimittel einsparen?
Der Rechnungshof wirft der Bundesregierung vor, nicht genug zu unternehmen und schlägt vor, die Ausgaben der Krankenkassen in den Blick zu nehmen. Kurzfristig ließe sich etwa bei den Kosten für Arzneimittel sparen.
Außerdem warnt der Rechnungshof davor, dass notwendige Strukturveränderungen, wie die Krankenhausreform, verwässert werden. Erste Änderungen der schwarz-roten Regierung in diese Richtung bewertet er als "verfehlt". Etwa den Plan der Bundesregierung, angeschlagene Kliniken zunächst mit vier Milliarden Euro zu finanzieren. "Förderungen nach dem Gießkannenprinzip verzögern den Reformprozess", heißt es im Bericht.
Verband fordert Reformen
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) pocht auf Reformen. Die Finanzsituation der Kassen sei erschreckend schlecht. Schon seit längerer Zeit fordert die GKV ein Ausgabenmoratorium. Das bedeutet, die Ausgaben dürften dann nur in dem Umfang steigen wie die Einnahmen. Versicherte hätten dadurch erstmal keine Leistungskürzungen zu befürchten. Es stünde aber weniger Geld zur Verfügung - etwa für Honorarerhöhungen der Ärzteschaft oder höhere Preise für Medikamente, betont der Verband.
Die schwarz-rote Bundesregierung hat bislang keine Pläne, ein solches Moratorium umzusetzen, sondern setzt zunächst auf mehr Steuergeld in Form eines Darlehens. Das soll eine Übergangsfinanzierung sein, bis umfassende Reformen wirken. Dieses müsse mittelfristig zurückgezahlt werden und könne die strukturellen Probleme naturgemäß nicht lösen, hält der Bericht fest. Eine umfassende Reform soll erst in einem zweiten Schritt folgen.
Schwarz-Rot will Kommission einsetzen
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, eine Kommission einzusetzen. Ihr Auftrag: eine Lösung finden, wie das deutsche Gesundheitssystem, eines der teuersten der Welt, auch in Zukunft noch finanzierbar bleiben kann - und zwar ohne, dass die Beiträge immer weiter steigen. Bis zum Frühjahr 2027 soll die Kommission Ergebnisse liefern.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) glaubt inzwischen nicht mehr, dass sich die Regierung mit der Kommission noch so viel Zeit lassen kann. Warken fordert deutlich frühere Ergebnisse. So sieht es auch der Rechnungshof, der von der Bundesregierung ein "entschlossenes sofortiges Handeln" fordert. Die Grünen-Haushalts- und Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta glaubt, dass die Koalition nicht die Kraft oder die Geschlossenheit habe, um eine echte Reform zu stemmen.
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