2024 hat die Polizei etwa 18.000 Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen erfasst. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein. Bundesinnenminister Dobrindt will handeln.
Nach wie vor ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, die Opfer von sexualisierter Gewalt werden, hoch. Die Polizei erfasste 2024 etwa 18.000 Opfer und damit nur geringfügig weniger als 2023. 16.375 der angezeigten Fälle waren Kinder, 1.191 Jugendliche. Das geht aus dem Lagebild "Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen" des Bundeskriminalamtes hervor, das in Berlin vorgestellt wurde.
Demnach waren 13.365 der Opfer Mädchen, 4.720 waren Jungen. In 57 Prozent der Fälle kannten sich Opfer und Täter. Es gab 12.368 Tatverdächtige, von denen mit etwa 95 Prozent die deutliche Mehrheit männlich waren.
Zudem waren die Täter oft selbst jung. Beim sexuellen Kindesmissbrauch war ein knappes Drittel der Verdächtigen unter 18 Jahre alt. 12,1 Prozent oder 1.498 Verdächtige waren sogar nicht mal 14 Jahre und damit selbst nicht strafmündig. Diese hohe Zahl dürfte mit dem wachsenden Anteil von Sexualstraftaten im Internet zu erklären sein.
Tatort Internet
Viele der Sexualdelikte werden laut Lagebericht online begangen. Dazu zählen unter anderem das sogenannte Cybergrooming und das Livestreaming der Taten. Cybergrooming beschreibt die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet. Die Täter geben sich in sozialen Netzwerken oft als ungefähr gleichaltrig aus, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen. In vielen Fällen bringen sie die Kinder dazu, ihnen freizügige Fotos zu senden.
Laut den Ermittlungsbehörden werden auch immer mehr Taten live über Online-Plattformen gestreamt. Andere Nutzer zahlen dafür, sich die Missbrauchshandlungen in Echtzeit anzuschauen und oft durch eigene Anweisungen zu beeinflussen. Je mehr die Kunden zahlen, desto brutaler gehen die Täter oft vor.
Dobrindt: "Zahlen sind zu hoch"
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zeigte sich erschüttert. Auch wenn die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen seien, lasse sich daraus keine Verbesserung ableiten. Die Zahlen seien zu hoch, schon weil von einem großen Dunkelfeld ausgegangen werden müsse, so der Minister. Ein vollständiges Bild lasse sich nicht zeichnen.
Mit Blick auf die hohe Zahl der im Internet begangenen Taten verwies Dobrindt auf das Vorhaben der schwarz-roten Koalition, eine Speicherpflicht für IP-Adressen einzuführen. Die IP-Adresse ist so etwas wie die Anschrift eines Computers im Internet, mit der dieser identifiziert werden kann. Telekommunikationsanbieter sollen künftig dazu verpflichtet werden, diese Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern, damit Täter besser ausfindig gemacht werden können.
Auch BKA-Präsident Holger Münch fand deutliche Worte zum Lagebild. Die Zahlen seien "wirklich keine Entwarnung", sagte er. Jeder einzelne Fall bedeute schweres Leid für die Betroffenen.
Problem Dunkelfeld
Das Dunkelfeld, also Straftaten, die den Behörden nicht bekannt werden, stellt die Polizei nach wie vor vor Probleme. Im Lagebericht heißt es dazu, viele Taten würden verschwiegen, beispielsweise weil der Täter aus dem familiären beziehungsweise nahen Umfeld des Opfers komme.
Die Polizei habe weiter die Aufgabe, dieses Dunkelfeld "aufzuhellen", zum Beispiel durch eine weitere Aufstockung durch entsprechendes Personal. Das sei in den vergangenen Jahren bereits merklich passiert.
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