Verteidigungsminister Pistorius ist überzeugt, dass das neue Wehrdienst-Gesetz genügend Freiwillige locken wird. In den tagesthemen nennt er aktuelle Zahlen. Und den Mechanismus, falls der Plan "wider Erwarten" doch nicht aufgeht.
Verteidigungsminister Boris Pistorius ist der Kritik an den Plänen zum freiwilligen Wehrdienst entschieden entgegengetreten. Experten fürchten, Freiwilligkeit könnte nicht die Zahl der Soldaten beschaffen, die die Bundeswehr benötige. Aber Pistorius kontert im Interview mit den tagesthemen: "Es gibt mindestens genauso viele, die sagen, das geht sehr wohl, übrigens auch mit Blick nach Skandinavien und in andere Länder."
Das Kabinett hatte den Gesetzentwurf heute verabschiedet. Der Wehrdienst werde attraktiver denn je - inhaltlich und finanziell, betonte Pistorius. Er zeigte sich "sehr zuversichtlich", dass das ausreiche. Und erläuterte dennoch einen Mechanismus, der eingebaut werden soll, "falls es wider Erwarten nicht reicht." In diesem Szenario könne das Kabinett mit Zustimmung des Bundestages die teilweise oder ganze Wiedereinsetzung der Wehrpflicht beschließen.
"Nicht so, dass wir vier Jahre zugucken"
Auch dem Vorwurf, ein solcher Mechanismus könnte zu spät einsetzen, widersprach er: Jedes Jahr werde geschaut, ob die Freiwilligen auch die Kapazitäten füllten, die für Wehrdienstleistende aufgebaut werden sollen. "Es ist nicht so, dass wir vier Jahre zugucken und auf das Prinzip Hoffnung setzen."
Aktuelle Zahlen zeigen dem Verteidigungsminister zufolge aber, dass es Zuwächse bei Bewerbungen und Einstellungen gebe. "Also spricht im Augenblick jetzt gerade gar nichts dafür, dass wir im nächsten Jahr schon in Not geraten - ganz im Gegenteil." Es gebe in diesem Jahr ein Kontingent für 15.000 Wehrdienstleistende, und schon im August hätten sich 13.000 gemeldet.
Pistorius geht davon aus, dass man sich in diesem Jahr sogar der Zahl von 20.000 Wehrdienstleistenden nähern werde. Die Zahlen im Jahr 2026 würden "gut sein, davon können Sie ausgehen."
"Viel schneller ging's nicht"
Das Kabinett verabschiedete das Gesetz erst dreieinhalb Jahre nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs. "Viel schneller ging's nicht", sagte Pistorius. Mit Aussetzen der Wehrpflicht seien Wehrüberwachung und -erfassung abgebaut worden, es fehlten die Strukturen.
Zudem sei der Gesetzentwurf - in einer "etwas anderen Fassung" - bereits im vergangenen Sommer fertig gewesen, so Pistorius. Doch die Verabschiedung im Kabinett sei damals auf den Tag des Ampel-Aus gefallen.
Pistorius sieht in Wadephuls Vorbehalt eine "politische Pirouette"
Auch Kanzler Friedrich Merz hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt, dass Pistorius' Pläne genügend Freiwillige zur Bundeswehr bringen. In der Union gibt es aber auch andere Stimmen: Außenminister Johann Wadephul legte am Montag sogar einen sogenannten Ministervorbehalt gegen den Entwurf ein - nahm ihn wenig später aber wieder zurück.
Der Verteidigungsminister sieht in diesem Vorgang aber nur eine "politische Pirouette, die man machen kann, um deutlich zu machen, dass man nicht mit allen Regelungen, die der Gesetzentwurf enthält, zufrieden und glücklich ist." Das gehöre zum parlamentarischen Prozess in einer Demokratie. Am Ende sei das Gesetz - auch mit Unterstützung von Wadephul - gebilligt worden - "und das ist das Entscheidende."
Pistorius sieht keinen Vorteil von festen Zahlen
Die Wogen konnten noch rechtzeitig vor der Kabinettssitzung geglättet werden. Aber Unionsfraktionschef Jens Spahn beharrt dennoch darauf, die Gesetz im weiteren parlamentarischen Verfahren zu konkretisieren - mit festen Zielzahlen für die kommenden Jahre.
"Ich sehe den Vorteil davon nicht", kommentierte Pistorius die Forderung. "Wenn sich eine Delle abzeichnet, werden wir reagieren, ganz egal wie die Zahlen in irgendeinem Gesetzentwurf aussehen." Aber welche Kompromisslinien es schlussendlich gebe, liege nun in den Händen der Parlamentarier.
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