Bonn ist klein, Berlin ist groß - und in der Hauptstadt steppt obendrein der Bär. Bürgermeister Wegner findet deshalb, dass endlich alle Ministerien an die Spree ziehen sollten. Am Rhein ist man wenig begeistert - und beklagt "Fake News".

Was ist eigentlich noch in Bonn? Zwei Dax-Unternehmen - Post und Telekom -, Institutionen wie das UN-Klimasekretariat, das jedes Jahr die Weltklimakonferenz vorbereitet und - auch 35 Jahre nach der Wende noch - gut ein Drittel der ministeriellen Arbeitsplätze.

Ist es an der Zeit, dass diese Jobs nach Berlin verlagert werden, in die Hauptstadt? Ja, sagt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner von der CDU. Seine Begründung: Die jährlich 20.000 Dienstreisen der Bundesbeamten zwischen Bonn und Berlin seien teuer und schlecht für die Umwelt. Und: Viele Bonner Kolleginnen und Kollegen würden eh lieber in die trendige Hauptstadt wechseln.

"Die jungen Leute gehen nach Berlin, wenn sie Aufstiegschancen haben wollen", sagte Wegener im rbb24 Inforadio. Deswegen müsse "der komplette Umzug" erfolgen.

"Schluss mit den Fake News"

Die Antwort vom Rhein ließ nicht lange auf sich warten. "Der Vorschlag von Herrn Wegner ist abwegig und völlig aus der Zeit gefallen", teilte Oberbürgermeisterin Katja Dörner von den Grünen der Nachrichtenagentur dpa mit.

Noch harscher fiel die Reaktion der NRW-Landesregierung aus. Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, erklärte, es müsse "langsam Schluss sein mit den Fake News zum Thema Bonn-Berlin". Seit der Pandemie hätten sich Homeoffice und Videokonferenzen etabliert. Wer da immer noch mit Kosten und Klimafolgen komme, handele entweder aus Unwissen oder im plumpen Eigeninteresse, in jedem Fall aber nicht an der Sache orientiert.

Ein Komplettumzug nach Berlin würde Milliardenbeträge verschlingen, sagt Liminski. Die zehn bis 20 Millionen Euro für den Berlin-Bonn-Betrieb seien im Vergleich dazu eine höchst sinnvolle Investition: "Wenn es in Bonn kein zweites bundespolitisches Zentrum gäbe, müsste man es spätestens jetzt nach den Erfahrungen mit der Covid-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine erfinden."

Das Bonn-Berlin-Gesetz von 1994 sah vor, dass die Bundesregierung nach Berlin umzieht, was fünf Jahre später auch geschah. Das Gesetz legte aber auch fest, dass "der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten" bleiben sollte.

Alle Jahre wieder

Das Bonn-Berlin-Thema kocht immer wieder mal hoch. Beide Städte sind sehr unterschiedlich: Bonn hat 325.000 Einwohner - so viele Menschen gehen täglich allein über den Berliner Alexanderplatz, mindestens. Bonn war 1949 Hauptstadt der Bundesrepublik geworden, weil West-Berlin mitten in der DDR lag.

Zuerst hatte es so ausgesehen, als ob Frankfurt am Main das Rennen machen würde, doch dann entschied sich der Bundestag für Bonn. Dort hatte auch schon der Parlamentarische Rat getagt, der das Grundgesetz erarbeitet hatte.

Außerdem war der Zerstörungsgrad durch die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs in Bonn nicht so hoch - und es sollte betont werden, dass die Hauptstadt nur provisorisch und vorübergehend nicht Berlin war. Ein weiterer Grund, der im Hintergrund mitspielte: Bundeskanzler Konrad Adenauer wohnte gleich gegenüber auf der anderen Rheinseite.

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