Zum wiederholten Mal sind über dem Münchner Flughafen Drohnen gesichtet worden. "Abschießen statt abwarten", fordert Bayerns Ministerpräsident Söder - und will ein Gesetz auf den Weg bringen. Militärexperten sind skeptisch.
Nach Drohnensichtungen in der Nähe des Münchner Flughafens hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erneut den schnellen Abschuss von Drohnen in Deutschland gefordert. "Wir brauchen endlich einen wirksamen Schutz unserer gesamten Infrastruktur und militärischen Einrichtungen", sagte er der Bild. "Ab jetzt muss gelten: abschießen statt abwarten - und zwar konsequent." Der CSU-Chef hatte dies schon Anfang der Woche gefordert.
Bayern wolle bereits in der Kabinettssitzung am kommenden Dienstag ein Schnellgesetz auf den Weg bringen, sagte Söder nun. "Die Drohnenvorfälle zeigen den großen Druck."
Dobrindt: Brauchen mehr Geld für Drohnenabwehr
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt forderte mehr Geld für die Drohnenabwehr. "Wir brauchen jetzt mehr Finanzierung, Förderung und Forschung", sagte der CSU-Politiker der Bild. Die Drohnensichtungen über München seien "ein weiterer Weckruf". Der Wettlauf "zwischen Drohnen-Bedrohung und Drohnen-Abwehr" werde immer härter, so Dobrindt.
Bereits vor einigen Tagen hatte der Minister vor einer gestiegenen Gefahr für die Sicherheit gewarnt und den Aufbau eines neuen Drohnenabwehrzentrums angekündigt. Zur Bekämpfung der Drohnen soll nach seinen Plänen bald auch die Bundeswehr eingesetzt werden dürfen.
Spahn fordert Aufbau von Drohnenabwehr
Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn forderte den sofortigen Aufbau einer funktionierenden Drohnenabwehr. "Statt mit Kampfjets auf Drohnen zu schießen, benötigen wir ein verzahntes und agiles technologisches Ökosystem, mit dem wir sofort reaktionsfähig sind. Wir müssen schnellstmöglich eine funktionierende Drohnenabwehr aufbauen", sagte der CDU-Politiker der Mediengruppe Bayern. Dies müsse jetzt und nicht erst in fünf Jahren geschehen.
Die Erkenntnisse der Ukraine seien für Deutschland von größter Bedeutung, denn sie habe eine Drohnenfabrik innerhalb weniger Monate gebaut. "Und sie nutzen deutsche Systeme, um Drohnen abzuwehren: Gepard oder Iris-T. Wir haben - und das sage ich durchaus auch selbstkritisch - die Bundeswehr ihrer Fähigkeiten beraubt", so Spahn. Es gelte, diese schnell wieder aufzubauen.
Zahlreiche Flugausfälle in München
Am Münchner Flughafen war der Betrieb am Donnerstagabend erst eingeschränkt und dann eingestellt worden, weil Drohnen im Umfeld und über dem Flughafen gesichtet worden waren. Zahlreiche Flüge fielen aus, rund 3.000 Passagiere waren davon betroffen. Ob es sich um eine oder mehrere Drohnen handelte, ist unklar. Auch, wer für den Vorfall verantwortlich sein könnte, ist nicht bekannt.
Am frühen Morgen wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Der Betrieb laufe jetzt normal, teilte ein Sprecher des Flughafens mit. Die Flüge, die für heute geplant waren, sollen demnach stattfinden.
Bei Abschuss Gefahren durch herabfallende Trümmer
Der Vorfall zeige einmal mehr, wie verletzlich der Luftverkehr gegenüber illegalen Drohnenflügen sei, sagte der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel. "Der Luftverkehr braucht klare Zuständigkeiten und eine schlagkräftige Drohnendetektion und Abwehr." Die Entscheidung, ob eine Drohne eine Gefahr darstelle und wie sie abgewehrt werde, sei und bleibe eine hoheitliche Aufgabe von Bundes- und Landespolizei.
Der Abschuss von Drohnen über zivilem Gelände gilt in der Wissenschaft nicht als probates Mittel. Zwar ist ein Abschuss rechtlich unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wird aber in der Praxis kaum angewandt, wie die Expertin Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr in München sagte. Grund sind große Gefahren, etwa durch herabfallende Trümmer oder möglicherweise explosive Last der Drohne. Auch bei den jüngsten Drohnensichtungen etwa in Dänemark haben die dortigen Behörden von einem Abschuss abgesehen.
Störungen mit Drohnen an den Flughäfen hierzulande haben nach Angaben der Deutschen Flugsicherung deutlich zugenommen. Vor gut einer Woche hatte sie mitgeteilt, im laufenden Jahr seien bis Ende August bereits 144 Behinderungen durch Drohnen registriert worden. Im Vorjahr seien es im selben Zeitraum 113 Vorkommnisse gewesen, im Jahr 2023 nur 99. Rund um den Münchner Flughafen kam es in diesem Jahr demnach bis August zu sechs Drohnensichtungen.
Ermittlungen nach Drohnen über Schleswig-Holstein
Erst vergangene Woche waren über Schleswig-Holstein Drohnen gesichtet worden. Die Behörden prüfen den Verdacht, wonach diese über kritische Infrastruktur flogen, unter anderem über ein Kraftwerk in Kiel. Die Staatsanwaltschaft Flensburg leitete in der Nacht zum Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein.
Wie der Spiegel berichtet, verfolgen die Behörden in dem Fall inzwischen eine Spur zu einem verdächtigen Transportschiff. Demnach geht es um einen etwa 100 Meter langen Frachter, der im Zeitraum der Sichtungen im Großraum Kiel in dem angrenzenden Seegebiet in der Ostsee unterwegs war. Ermittlungen zufolge könnte er zur sogenannten russischen Schattenflotte gehören, hieß es weiter. Das Fahrverhalten sowie Rahmen- und Standortdaten lege Sicherheiteskreisen zufolge nahe, dass die Drohnen mit dem Schiff in Verbindung stehen könnten.
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