Justizministerin Hubig verspricht mehr Schutz vor gewalttätigen Partnern oder Ex-Partnern. Auch die Innenminister der Länder diskutieren darüber. Wie ist der aktuelle Stand?
Häusliche Gewalt findet in Sozialwohnungen und Eigenheimen statt, von Menschen ohne Schulabschluss und Akademikern. Die Mehrheit der Betroffenen, rund 70 Prozent, ist weiblich. Allein 2023 wurden 180.715 Mädchen und Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, und das sind nur die Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden.
Weil es um den eigenen Partner oder Ex-Partner geht, wird häusliche Gewalt selten angezeigt, sagt Johanna Wiest von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. "Es spielt auch viel Angst mit rein, auch viel Unsicherheit, was dann die Konsequenzen im Rechtssystem angeht. Es kommt auch sehr selten zu Verurteilungen bei häuslicher Gewalt und das demotiviert die Frauen natürlich, überhaupt eine Anzeige zu stellen."
"Wer Partnerin schlägt, darf damit nicht durchkommen"
Sexuelle Gewalt, schubsen oder schlagen, beleidigen und demütigen - jeden Tag sind in Deutschland 400 Frauen von diesen Formen häuslicher Gewalt betroffen. Es gibt keine belastbaren Zahlen, wie viele Kinder mit Gewalt in der Familie aufwachsen.
In ihrer Antrittsrede vor dem Bundestag sagte die neue Bundesjustizministerin Stefanie Hubig dazu: "Wer seine Partnerin oder seinen Partner schlägt, darf damit nicht durchkommen." Es sei gleichzeitig eine Gefahr für Kinder. "Und deshalb werden wir nicht nur den Schutz der Betroffenen verbessern, sondern wir werden uns darum kümmern, dass häusliche Gewalt in Sorge- und im Umgangsrecht natürlich auch berücksichtigt werden."
In solchen Fällen soll es schwerer für Täter werden, Umgangs- oder Sorgerecht zu erhalten. Geht es um häusliche Gewalt in der Familie, haben Familiengerichte verschiedene Rechte abzuwägen. Die Verfassung sichert Elternrechte, die auch den Umgang mit dem eigenen Kind gewährleisten. Aber natürlich hat der Staat auch einen Schutzauftrag gegenüber den Opfern häuslicher Gewalt. Über allem steht das Wohl des Kindes und seine Interessen.
Fußfessel nach spanischem Modell
Im Gewaltschutzgesetz will die schwarz-rote Koalition auch die gerichtliche Anordnung der elektronischen Fußfessel nach dem sogenannten spanischen Modell verankern. Dabei werden keine vordefinierten, festen Verbotszonen überwacht, wie zum Beispiel die Wohnung oder der Arbeitsplatz der Ex-Partnerin.
Stattdessen trägt der Täter eine Fußfessel und das Opfer hat einen Annäherungssensor bei sich. Nähert sich der Täter absichtlich oder unabsichtlich, werden Polizei und das Opfer informiert. Kontakt- und Annäherungsverbote könnten damit besser überwacht werden.
Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, begrüßt den Plan, aber gibt zu bedenken: "Erstens müssen wir sicherstellen, dass es technisch funktioniert." Nichts sei so fatal wie zu suggerieren, es gebe einen Annäherungsalarm, der dann nicht funktioniere. "Und die Frau steht auf einmal ihrem Peiniger gegenüber, völlig unvorbereitet."
Außerdem müsse die Datenübertragungskomponente geklärt sein, so Limburg. Insbesondere sollen keine unnötigen Daten der Frau erhoben werden. "Aber dann wäre es gut, wenn es zügig auf den Weg gebracht wird."
Prävention muss früher ansetzen
Bei Hochrisikofällen könnte für drei Monate eine elektronische Fußfessel angeordnet werden, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Monate. Experten warnen ohnehin, elektronische Hilfsmittel können nur ein Baustein sein.
Um langfristig die Zahlen häuslicher Gewalt zu senken, muss viel früher angesetzt werden. Aufklärung von Geschlechterrollen oder ein gesünderer Umgang mit Frust und Wut sollten beispielsweise schon in der Schule noch stärker thematisiert werden.
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