Ex-Gesundheitsminister Spahn hat sich wegen seiner Maskenbeschaffung dem Haushaltsausschuss gestellt. Die Opposition macht Druck, Spahn ist sich keiner Schuld bewusst. Wie sieht seine Verteidigungsstrategie aus?
Jens Spahn bemüht sich um Gelassenheit. Wer ihn gestern durch die Flure des Bundestages laufen sieht, merkt ihm auf den ersten Blick nicht an, wie sehr er wegen der fehlerbehafteten Maskenbeschaffung unter Druck steht. Erst auf den zweiten Blick ist eine gewisse Dünnhäutigkeit wahrnehmbar. So viele Schlagzeilen, so viel schlechtes Licht. Und dann legt die Linke ihm noch eine "Politikpause" nahe.
Dabei denkt Spahn an vieles, aber gewiss nicht an eine Politikpause. Schließlich ist er gerade erst Fraktionsvorsitzender geworden und damit hinter Friedrich Merz der zweitmächtigste Mann in der Union. Dass ihn seine Vergangenheit als Gesundheitsminister jetzt einholt: ungelegen.
Aber Spahn kneift nicht und geht in die Offensive. Er stellt sich den Fragen im Haushaltsausschuss. Dass die Opposition auch noch in einer Aktuelle Stunde über ihn und seine Art der Maskenbeschaffung diskutieren will, ignoriert er. Sein Platz im Plenum bleibt leer.
"So viele Unklarheiten"
Der Haushaltsausschuss befragt ihn dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es geht darum, ob er als damaliger Gesundheitsminister fahrlässig gehandelt und Milliarden Euro Steuergeld verschwendet hat. Die Grünen wollen noch mehr wissen: Hat Spahn sich vielleicht sogar persönlich bereichert? Dafür gibt es keine belegbaren Hinweise.
Auch nicht im Bericht der Sonderermittlerin Sudhof, auf den sich jetzt alle berufen, der lange unter Verschluss war und jetzt - in Teilen geschwärzt - öffentlich ist. "So viele Unklarheiten", meint die Grüne Paula Piechotta. "Das kann man nicht mehr mit Selbstüberschätzung erklären."
Spahn meidet direkte Antworten
Spahn erklärt sich erst im Ausschuss und dann vor den Kameras - und zwar so wie erwartet. Er ist sich keiner Schuld bewusst. Beklagt, dass die Opposition ihm in der Sache keine Fehler nachweisen könne und deshalb zur Verleumdung greife. Dabei beteuert Spahn, nach bestem Wissen und Gewissen entschieden zu haben.
Also auch, als er eine Spedition in seiner Heimat beauftragt hat - ohne Ausschreibung. Und als er die Masken zur Chefsache gemacht hat - gegen den Rat der Beschaffungsämter im Bund und aus seinem eigenen Ministerium. Hätte er anders handeln müssen?
Vielleicht, gibt Spahn zu. Hinterher wisse man eben immer alles besser, aber die Lage sei gewesen, wie sie war, die Not groß, Entscheidungen hätten getroffen werden müssen.
Das gehört zu seiner Verteidigungsstrategie. Spahns Antworten sind stets lang, sehr lang. Direkte Antworten meidet er und erklärt immer wieder die Lage zu Jahresbeginn 2020, als alle Welt nach Masken rief.
Skandal hinter dem Krisenmanagement?
Die Union versucht, ihn aus der Schusslinie zu nehmen. Im Bundestag haben CDU und CSU gemeinsam mit der SPD nun eine Enquete-Kommission eingerichtet. Eine Kommission, die Lehren aus der Pandemie ziehen soll, nicht aber Spahns mögliches Fehlverhalten aufklären.
Der Opposition reicht das nicht. Paula Piechotta, Grüne, zweifelt auch an Spahns Glaubwürdigkeit: "Er muss im Haushaltsausschuss nicht die Wahrheit sagen." Anders als in einem Untersuchungsausschuss.
Wäre Spahn Minister, würde die Opposition ihn noch schärfer attackieren können - als Fraktionsvorsitzender aber steht er nur den eigenen Leuten vor. Und die halten zu ihm. Spahns Verteidiger weisen entschieden zurück, dass sich Spahn persönlich bereichert haben könnte. Sie sehen keinen Skandal, sondern danken ihrem "mutigen Krisenmanager".
Es wird an diesem Tag nicht beantwortet, ob hinter dem Krisenmanagement nicht doch ein Skandal steckt. Die Opposition verlangt einen Untersuchungsausschuss, den es aber wohl wegen fehlender Mehrheiten nicht geben wird.
So ist die Frage: Was bleibt? Sehr wahrscheinlich Jens Spahn im Amt. Sein Image als Krisenmanager aber ist angekratzt.
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