Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte vorerst gestoppt. Während die AfD von einem "Tropfen auf den heißen Stein" spricht, kritisiert die Linkspartei "grausame Symbolpolitik".

Mit dem neuen Gesetz wird der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, also Menschen, die zwar nicht als Flüchtlinge im rechtlichen Sinn anerkannt sind, aber wegen Gewalt oder drohender Folter nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden, für zwei Jahre gestoppt.

Bisher durften bis zu tausend Angehörige pro Monat kommen, also bis zu 12.000 pro Jahr. Diese Regelung war 2018 eingeführt worden, nachdem der Nachzug zwischenzeitlich schon einmal ganz ausgesetzt war.

Ausnahmen soll es nur noch in besonders schweren Härtefällen geben - etwa für unbegleitete Minderjährige oder bei lebensbedrohlichen Erkrankungen.

"Begrenzung" als neues Signal

Das Gesetz wurde von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erarbeitet. Er stellt es als Teil eines größeren politischen Kurses vor: "Wir schreiben das Wort Begrenzung wieder ins Aufenthaltsrecht rein", sagte Dobrindt bei der Debatte im Bundestag.

Es gehe darum, Zuwanderung zu steuern und gleichzeitig "kriminellen Geschäftsmodellen" von Schleppern den Boden zu entziehen. Der Minister wurde immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner musste mehrfach Abgeordnete ermahnen.

SPD mit Bauchschmerzen

Die Sozialdemokraten stimmten dem Gesetz nur zögerlich zu. Sie wisse, dass das vielen aus den Reihen der Partei "sehr schwerfällt" erläuterte SPD-Frau Natalie Pawlik, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.

Sie betonte, dass das Recht auf Familie ein "grundlegendes Menschenrecht" sei und dass ohne Familie Integration viel schwerer gelänge. Dennoch trage die SPD den Kompromiss mit - auch, weil im Koalitionsvertrag mit der Union eine solche Regelung vereinbart worden ist.

AfD fordert härtere Maßnahmen

Für die AfD kündigte Innenpolitiker Christian Wirth in der Debatte an, seine Fraktion werde für die von schwarz-rot eingebrachte Regelung stimmen. Gleichzeitig übte er scharfe Kritik.

Die Aussetzung des Familiennachzugs nannte Wirth einen "Tropfen auf den heißen Stein". Der Vater von vier Kindern sprach dem Familiennachzug sogar den rechtlichen Anspruch ab und forderte einen "Paradigmenwechsel" in der gesamten Asylpolitik.

Grüne und Linke üben scharfe Kritik

Ganz anders fiel die Reaktion bei den Grünen und der Linkspartei aus. Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger, sprach in der Debatte von einer "menschenfeindlichen Abschreckungspolitik" und "grausamer Symbolpolitik auf dem Rücken der Schwächsten".

Der Familiennachzug sei oft die letzte legale Möglichkeit, Schutz in Deutschland zu finden. Ihr Kollege von den Grünen Marcel Emmerich nannte das Gesetz "verantwortungslos". Es sei "unbarmherzig" und ein "integrationspolitischer Irrweg".

Zustimmung von Kommunen, Kritik von Kirche und NGOs

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten die Aussetzung des Familiennachzugs. Städte und Gemeinden seien "am Limit", hieß es vom Deutschen Städte und Gemeindebund.

Hingegen kritisierte die evangelische Kirche das Gesetz scharf. Bischof Christian Stäblein von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg nannte es ein "Gebot der Nächstenliebe, dass Geflüchtete nicht über Jahre von ihren Angehörigen getrennt bleiben".

Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl oder das Deutsche Institut für Menschenrechte warnten vor den Folgen. Bereits laufende Anträge würden "auf Eis gelegt" - ohne Übergangsregelung.

Abstimmung mit Lücken

Für die Aussetzung stimmten 444 Abgeordnete, 135 dagegen. Enthaltungen gab es keine. Von den insgesamt 630 Abgeordneten des Bundestags gaben nur 579 ihre Stimme ab.

51 Parlamentarierinnen und Parlamentarier fehlten - ein ungewöhnlich hoher Wert, gerade bei einer so grundsätzlichen Entscheidung.

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