Patti Smith, Ikone des Punk und der Lyrik, stand 1976 am Beginn ihrer Weltkarriere. Erst ein Jahr zuvor hatte sie mit «Horses» ihr Debütalbum veröffentlicht und brachte es am 12. Oktober 1976 auf die Bühne der Roten Fabrik in Zürich. Hierzulande noch eine Unbekannte.
Die Fotos des Konzerts zeigen eine junge Patti Smith voller Energie – und Szenen vor und nach einem mysteriösen Tränengas-Zwischenfall, der das Konzert kurz unterbrach und bis heute ein Rätsel bleibt. Der neue Bildband «Patti Smith Group – Live in Zurich October 1976» versammelt diese Aufnahmen.
Auf einigen Bildern sieht man Patti Smiths Augen, auf anderen trägt sie eine Sonnenbrille. Fotografiert hat das alles Eric Bachmann, ein damals wichtiger Fotograf für Schweizer Zeitungen und das Fernsehen. Seine Bilder zeigen nicht nur eine Punk-Sängerin, sie zeigen einen Moment radikaler Authentizität und Selbstbestimmtheit.
Schatz im Nachlass
Eric Bachmann verstarb 2019. Sein fotografisches Vermächtnis verwaltet heute sein Neffe, der Grafiker Dominik Bachmann. Aus dem Archiv seines Onkels hat er nun den Bildband gestaltet.
Dieser ist mehr als ein Fotoband: Auf schwarzem Papier gedruckt, mit dem originalen Konzertplakat als Einband, enthält es ein bisher in voller Länge unveröffentlichtes Interview von DRS-Redaktor Peter K. Wehrli mit Patti Smith, geführt im Garten des Zürcher Hotels Engematthof.

Dazu kommen Stimmen von Zeitzeugen, Bilder des Bootleg-Konzert-Mitschnitts auf Kassette, sowie eine Anzeige des Aufnahmegeräts, mit dem die Aufnahme entstanden sein soll. Ein visuelle schön gestaltetes Zeitzeugnis einer Ikone am Anfang ihrer Karriere.
Zurück in Zürich
Am 22. Juli ist Patti Smith nun erneut in Zürich aufgetreten: Nach der Buchvernissage im X-TRA Musikcafé stand die 78-jährige Patti Smith auf der Club-Bühne, locker in T-Shirt, Anzugweste und Blue Jeans. Ihre Stimme war klar, ihre Haltung so unerschütterlich wie eh und je. Sie sang Klassiker wie «Because the Night» und verwob Gedichte von Allen Ginsberg in ihre Performance.
In «Howl (Holy)» fügte sie die Zeilen «Holy Palestine, Holy Gaza» ein. «Cease fire everywhere», rief sie – eine klare Botschaft gegen Krieg überall auf der Welt.
Politisch, poetisch, persönlich
Patti Smith sprach über die Umweltzerstörung, über indigene Rechte, über Politik in den USA. Auch das Zürcher Publikum war engagiert – mit Schildern wie «Nature gives us everything» (Die Natur gibt uns alles) gab es Patti Smith zu verstehen, dass es auf ihrer Seite steht.
Auf Zwischenrufe aus dem Publikum reagierte Smith mit Humor: «What? I turned off my hearing aid.» (Was? Ich habe mein Hörgerät ausgeschaltet.) Und auf den Wunsch eines elfjährigen Fans sang sie das lange nicht mehr gespielte «Tomorrow» – grösstenteils improvisiert, da sie sich nicht mehr an den Songtext erinnerte.
Das Konzert endete mit «People Have the Power», Patti Smiths Hymne für Veränderung. Sie sagte dazu: «Don’t forget it, use your voice! And remember to drink plenty of water when you come home. It is hot in here.»
Fast 50 Jahre nach ihrem ersten Zürcher Auftritt lebt ihr Glaube, dass Musik die Welt verändern kann, weiter – in ihrer Performance, in ihren Worten, in ihren Liedern, in den Fotografien von Eric Bachmann. Und im Buch seines Neffen, das ihr Schweizer Debüt 1976 auf seinen liebevoll gestalteten Seiten einfängt.
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