Die italienische Holding MediaForEurope (MFE) ist vorerst mit ihrer Übernahme des Senders ProSiebenSat.1 gescheitert. Zum Fristende zur Annahme des Angebots von MFE an die ProSieben-Aktionäre am vergangenen Mittwoch hätten Anteilseigner von nur 10,26 Prozent der Aktien dem Verkauf zugestimmt, erklärte MFE am Montag in Mailand. Zusammen mit dem bisher von MFE gehaltenen Anteil von 33,31 Prozent sicherten sich die Italiener 43,6 Prozent und damit keinen Mehrheitsanteil.

Den Angaben von MFE zufolge haben die ProSieben-Aktionäre jedoch weitere zwei Wochen Zeit, um ihre Anteile zu verkaufen. Der Konzern befindet sich mehrheitlich im Besitz der Familie des verstorbenen Politikers Silvio Berlusconi. Chef ist Berlusconis Sohn Pier Silvio Berlusconi.

MFE hatte im Juli sein Angebot erhöht und erklärte sich bereit, 1,3 Milliarden Euro für die verbleibenden Anteile zu zahlen. ProSiebenSat.1 empfahl seinen Aktionären die Annahme des Angebots, welches das Unternehmen mit insgesamt 1,9 Milliarden Euro bewertete. Die Bundesregierung zeigte sich besorgt mit Blick auf die journalistische Unabhängigkeit.

Medienstaatsminister Weimer will Berlusconi-Sohn treffen

Gegen eine Übernahme durch MFE regt sich wegen der politischen Verortung der Familie Berlusconi Protest. Medienstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) hatte Sorgen um die redaktionelle Unabhängigkeit der Sender nach einer möglichen Übernahme geäußert und will Anfang September MFE-Vorstandschef Pier Silvio Berlusconi treffen. Dem Sohn des 2022 verstorbenen Medienunternehmers und ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi werden wie seinem Vater eine Nähe zu rechtspopulistischen Kreisen und gute Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt.

Kartellrechtlich wäre eine Übernahme der deutschen Privatfernsehgruppe unproblematisch. Anders als in anderen Ländern gibt es in Deutschland keine Regelungen, die eine Beteiligung ausländischer Konzerne an deutschen Medienunternehmen verbieten oder einschränken. Berichte, nach denen Joko und Klaas, das prominenteste Moderatoren-Duo der Sendergruppe, im Falle einer MFE-Übernahme eine Ausstiegsklausel aus seinem Vertrag hätte, wurden am Wochenende von ProSiebenSat.1 dementiert.

Der ProSiebenSat.1-Vorstand hatte zunächst von einem Verkauf an MFE abgeraten, nach dem verbesserten Angebot aber doch eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen. Da nun die Nachfrist läuft, wird erst in den kommenden Wochen Klarheit über die künftigen Mehrheitsverhältnisse bei ProSiebenSat.1 herrschen.

ProSiebenSat.1 ist neben der RTL-Familie der zweite große private Fernsehkonzern in Deutschland. Neben klassischen Sendern wie ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins gehört unter anderem auch der Streaminganbieter Joyn zu der Firmengruppe. Bekannte Formate sind zum Beispiel die Shows „Germany’s Next Topmodel“, „Joko & Klaas gegen ProSieben“, „The Voice of Germany“ und „Rosins Restaurants“ sowie die Comedyserie „jerks.“.

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