Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Heidi Reichinnek, hat die Absetzung der NDR-Sendung „Klar“ mit Moderatorin Julia Ruhs deutlich kritisiert. Dem „Spiegel“ sagte sie: „Es ist halt wirklich hochproblematisch, wenn auf Druck von irgendeiner Seite etwas abgesetzt wird.“ Reichinnek räumte zwar ein, sie habe die Sendung selbst „sehr schlecht“ gefunden. Es sei aber falsch, politische oder wirtschaftliche Einflussnahme auf die Medien zuzulassen. Sie betonte: „Medien haben nicht die Aufgabe, Meinung zu machen. Sie sollen Austausch und Information ermöglichen, möglichst neutral, damit die Leute auch was davon mitnehmen.“
Ruhs wirft dem NDR „Intrigen“ vor, die zu ihrer Ablösung geführt hätten. „Ich glaube, für den NDR bin ich zu rechts. Für den Bayerischen Rundfunk nicht, die stehen hinter mir“, sagte sie am Donnerstag im Podcast „Table Today“ von Table Media.
Der NDR und der BR, die „Klar“ gemeinsam produzieren, hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass das Format nach den ersten drei Pilotfolgen fortgesetzt wird. Ruhs soll nur noch bei den vom BR verantworteten Sendungen als Moderatorin eingesetzt werden.
Massive interne und öffentliche Kritik an Ruhs
„Julia Ruhs bleibt Teil des Moderationsteams für die Ausgaben des Bayerischen Rundfunks. Wer in Ergänzung zu Julia Ruhs die Ausgaben des NDR präsentiert, steht noch nicht fest“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der Sender. „Klar“ solle auch in Zukunft Streitfragen aufgreifen, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden. Zuvor hatte WELT bereits über interne Konflikte beim Sender berichtet.
Ruhs war nach den ersten drei Ausgaben, die sich mit den Themen Migration, gesellschaftliche Spaltung durch die Corona-Pandemie und „Frust der Bauern“ beschäftigten, öffentlich breit kritisiert worden. Die Sendungen seien politisch zu einseitig, zum Teil unjournalistisch und bedienten so rechtspopulistische Trends, lautete der Tenor einiger Kollegen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
„Offenbar hält der NDR weniger Meinungsvielfalt aus als der BR. Für die fängt die Rechtsradikalität wahrscheinlich schon an, wenn man beispielsweise sagt, man findet Positionen von Friedrich Merz gut“, sagte Ruhs bei Table Media.
Sie warf dem NDR vor „Meinungen zu kriminalisieren, die eigentlich noch Mitte oder Mitte-rechts sind und weit entfernt von extremistischen oder radikalen Positionen.“ Da heute die Mitte nach links gewandert sei, würde sie sich aktuell als „Mitte-rechts einstufen“, so die 31-Jährige, die auch eine regelmäßige Kolumne bei „Focus Online“ schreibt und gerade ein neues Buch vorgestellt hat mit dem Titel „Links-grüne Meinungsmacht – Die Spaltung unseres Landes“.
Ruhs: „Übliche Taktik, jemanden mundtot zu machen“
Ruhs erklärte weiter, sie habe sich immer klar von den Positionen der AfD distanziert. Es genüge aber heute oft schon, eine konservative Sicht zu vertreten, um „diesen Vorwurf abzubekommen, man sei irgendwie AfD-nah“. Dies sei „die übliche Taktik, jemanden mundtot zu machen“. Ihr Anspruch sei hingegen, „Leute, die man verloren hat“, mit „Klar“ wieder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückzugewinnen: „Aber das scheinen nicht alle beim NDR verstanden zu haben.“ Mit der AfD sollte man „weniger aufgeregt umgehen und nicht das Klischee erfüllen, dass man gegen die Partei voreingenommen sei und diese unjournalistisch behandelt“, so Ruhs.
Die NDR-Entscheidung wird auch aus der Politik kritisiert. Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) nannte das Vorgehen ein „extrem schlechtes Signal“. Im Gegensatz zum NDR habe sich der BR richtig entschieden, davon solle sich „der Norddeutsche Rundfunk lieber eine Scheibe abschneiden“, zitieren Medien seine Aussage bei einer Buchpräsentation von Ruhs am Mittwoch in der Kieler Hermann-Ehlers-Akademie. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) postete bei X, die Entscheidung sei „kein gutes Signal für die Meinungsfreiheit, und Toleranz im öffentlich-rechtlichen NDR.“
CDU-Generalsekretär nahm den Streit zum Anlass, um bei WELT ein vorübergehendes Einfrieden des Rundfunkbeitrags zu fordern.
Dem NDR sei „Perspektivenvielfalt im Programm wichtig“, erklärte der Sender selbst auf KNA-Anfrage, ohne auf die konkreten Vorwürfe von Ruhs einzugehen. Daher wollten NDR und BR das Format im kommenden Jahr nicht nur fortführen, „sondern ausbauen mit höherer Folgenzahl und mehreren Moderatoren - und damit mehreren Perspektiven“. Der NDR stehe klar für Meinungspluralismus: „Unterschiedliche Stimmen und Vielfalt bereichern unser Programm und brauchen ihren festen Platz.“
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