An dieser Stelle erscheint unsere monatliche Empfehlungsliste. Experten einer unabhängigen Jury küren zehn Sachbücher des Monats aus Geistes-, Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Im Oktober lohnen sich:

1. Hanno Sauer:

Klasse. Die Entstehung von Oben und Unten. Piper, 358 Seiten, 26 Euro*

Mehr als jede andere soziale Kategorie bestimmt Klassenzugehörigkeit unser Leben. Wie, erklärt der Philosoph Hanno Sauer. Er weiß, warum Reichtum Revolutionen übersteht und wie Statuskämpfe ausgetragen werden. Lesen Sie hier ein Interview mit dem Autor.

2. Andreas Molitor:

Hermann Göring. Macht und Exzess. Eine Biografie. C. H. Beck, 411 Seiten, 32 Euro*

Keine wissenschaftliche Göring-Biografie, sondern ein journalistisch geschriebenes und deswegen bestens lesbares Buch. Molitor nimmt Leutseligkeit, Luxusgier und Verbrechen einer der bedeutendsten NS-Figuren ins Visier.

3. Lea Ypi:

Aufrecht. Überleben im Zeitalter der Extreme. Übersetzt von Eva Bonné, Suhrkamp, 340 Seiten, 28 Euro*

Am Beispiel ihrer albanischen Großmutter erzählt die heute in London lehrende Philosophin von den Wirrnissen des frühen 20. Jahrhunderts. Eine Familiengeschichte wie ein Balkanthriller. Lesen Sie hier die ausführliche Buchbesprechung.

4. Paul Lendvai:

Wer bin ich? Zsolnay, 128 Seiten, 24 Euro*

Der 96-jährige Lendvai ist eine Journalistenlegende – und ein Holocaust-Überlebender, der sich Sorgen um die aktuelle Situation der Juden weltweit macht. Lesen Sie hier einen Buchauszug.

5. Heike Behrend:

Gespräche mit einem Toten. Gustav Nagel. Prophet vom Arendsee. Matthes & Seitz, 312 Seiten, 28 Euro*

Ein Blick auf die Lebensreformbewegung, am Beispiel von Nagel, der 1874 im Kaiserreich geboren wurde und 1952 in einer Irrenanstalt in der DDR starb. Eine Besprechung dieses Buches folgt in Kürze bei WELT.

6. David Graeber:

Die ultimative heimliche Wahrheit der Welt. Übersetzt von Helmut Dierlamm, Werner Roller, Hans Freundl und Katrin Behringer. Klett-Cotta, 397 Seiten, 28 Euro*

Der Anthropologe und Bestsellerautor David Graeber war einer der klügsten Kritiker moderner Gesellschaften. In seinem Vermächtnis warten kluge Essays, etwa über „Manager-Feudalismus“. Oder den Hass als produktive Kulturkraft. Lesen Sie hier die ausführliche Buchbesprechung.

7. Maik Tändler:

Armin Mohler und die intellektuelle Rechte in der Bonner Republik. Wallstein, 468 Seiten, 38 Euro*

Erwachsen wurde die Bundesrepublik durch die linken 68er? Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Jetzt beleuchtet eine Studie die Kontinuität rechter Ideen und Netzwerke in Deutschland am Beispiel Armin Mohlers. Lesen Sie hier die ausführliche Buchbesprechung.

8. Sabine Adler:

Israel. Fragen an ein Land. Ch. Links Verlag, 270 Seiten, 24 Euro*

Die Journalistin tut etwas, das in der Branche der Bescheidwisser und Ferndiagnosen nicht mehr selbstverständlich ist. Sie erkundigt sich in Gesprächen und Begegnungen nach den Menschen seit dem nationalen Trauma vom 7. Oktober.

9. Michael Angele:

Ein deutscher Platz. Die Ballade vom Stutti. DTV, 256 Seiten, 22 Euro*

Nach einer Biografie über Frank Schirrmacher und einem Buch über die verschwindende Kulturtechnik der Zeitungslektüre nimmt der Schweizer Journalist diesmal einen urbanen Raum im alten Westberlin ins Visier. Wie alles von Angele lesenswert.

10. Martin Andree:

Krieg der Medien. Dark Tech und Populisten übernehmen die Macht, Campus, 256 Seiten, 28 Euro*

Der Kölner Medienwissenschaftler beleuchtet die Wechselwirkungen von Plattformlogiken und politischer Polarisierung. Alle, die vor Jahren Joseph Vogls Theorie der Gegenwart gelesen haben, können hier fortsetzen.

Die Extra-Empfehlung

Jeden Monat kommt neben den zehn Tipps der Jury eine Extra-Empfehlung von einem Gast. Diesmal von Christoph Markschies (Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin). Er empfiehlt:

Peter Schäfer: Judaistik im Geist der Philologie. Erinnerungen. Wallstein, 318 Seiten, 28 Euro*

„Wieso konnte nach dem Holocaust überhaupt wieder eine Judaistik in Deutschland entstehen? Was brachte einen Bonner Studenten dazu, im geteilten Jerusalem vor 1967 rabbinische und nichtrabbinische jüdische Literatur der Antike und des Mittelalters zu studieren? Wie erging es einem promovierten katholischen Judaisten an einer sehr traditionellen Evangelisch-theologischen Fakultät im Schwabenland? Wieso wurde ausgerechnet ein Vertreter dieses besonderen Fachs zum Pionier der digitalen Editionen von komplizierten Texten, die in vielfältigsten Fassungen überliefert sind? Was funktioniert an der Princeton University besser als an der Freien Universität Berlin? Und wie ergeht es einem Wissenschaftler, der das zentrale Jüdische Museum unseres Landes leiten soll und auch dort ebenso gradlinig wie wissenschaftsorientiert bleiben will wie zuvor?

Die Memoiren des Judaisten Peter Schäfer beantworten nicht nur alle diese Fragen, wobei der Autor sehr ehrlich und offen schreibt, aber auch einfach fesselnd zu erzählen weiß. Und gerade, weil auch Fragen beantwortet werden, die man sich vor der Lektüre noch gar nicht gestellt hat, und das Fach Judaistik in gegenwärtigen Zeiten vielleicht wichtiger denn je ist, empfehle ich es besonders zur Lektüre.“ (Christoph Markschies)

Die Jury der Sachbücher des Monats

Tobias Becker, Der Spiegel; Natascha Freundel, RBB-Kultur; Dr. Eike Gebhardt, Berlin; Knud von Harbou, Feldafing; Prof. Jochen Hörisch, Universität Mannheim; Günter Kaindlstorfer, Wien; Dr. Otto Kallscheuer, Sassari, Italien; Petra Kammann, FeuilletonFrankfurt; Jörg-Dieter Kogel, Bremen; Dr. Wilhelm Krull, Hamburg; Marianna Lieder, Berlin; Lukas Meyer-Blankenburg, Redaktion Das Wissen, SWR; Gerlinde Pölsler, Der Falter, Wien; Marc Reichwein, DIE WELT; Thomas Ribi, Neue Zürcher Zeitung; Prof. Dr. Sandra Richter, Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar; Wolfgang Ritschl, ORF Wien; Florian Rötzer, krass-und-konkret, München; Norbert Seitz, Berlin; Mag. Anne-Catherine Simon, Die Presse, Wien; Prof. Dr. Philipp Theisohn, Universität Zürich; Dr. Andreas Wang, Berlin; Prof. Dr. Harro Zimmermann, Bremen; Stefan Zweifel, Zürich. Redaktion: Andreas Wang.

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