Nach "Poor Things" kommt mit "Bugonia" ein weiterer Film des Regisseurs Yorgos Lanthimos ins Kino, in dem Emma Stone eine Hauptrolle spielt. Als mutmaßliche Außerirdische gerät sie in die Gewalt eines Verschwörungstheoretikers, und bald sind Realität und Wahn nicht mehr auseinanderzuhalten.
Es ist gut zwei Jahre her, dass Regisseur Yorgos Lanthimos Emma Stone für seinen Film "Poor Things" als kindliche und triebgesteuerte Hauptfigur Bella wirres Zeug brabbeln ließ - mit fantastischem Ergebnis, das sogar einen Oscar einfuhr. Es war nach "The Favourite" 2018 und dem Kurzfilm "Bleat" 2022 die dritte Zusammenarbeit der beiden. Auch in seinem neuen Werk "Bugonia" kommt Emma Stone wieder eine tragende und äußerst besondere Rolle zu, die sie mit allem ausfüllt, was ihr als Schauspielerin gegeben ist. Für ihren Gegenspieler Jesse Plemons ist es ebenfalls nicht die erste Kooperation mit dem griechischen Filmemacher. Ihn konnte man bereits in dessen letztjährigem Episodenfilm "Kinds of Kindness" erleben.
Dieses Mal hat sich Lanthimos eines bereits verfilmten Stoffs angenommen. "Bugonia" ist ein Remake des 2003 erschienen "Save The Green Planet" seines südkoreanischen Kollegen Jang Joon-hwan. An sich schon ein Klassiker und unter Filmkennern Kult. Lanthimos bringt die Geschichte um einen Bienen züchtenden Verschwörungstheoretiker mit einem hehren, wenn auch irren Plan nun also noch mal für ein neues Publikum zurück auf die große Leinwand.
Aluhutträger fantasiert von Aliens
Michelle (Emma Stone) arbeitet als CEO bei einem Pharmakonzern und beherrscht die Unternehmenskommunikation aus dem Effeff. Und auch sonst hat sie ihr stark durchstrukturiertes Erfolgsleben fest im Griff. Teddy (Jesse Plemons) dagegen lebt mit seinem geistig unterentwickelten Cousin Dan (Aidan Delbis) in seinem chaotischen und in die Jahre gekommenen Elternhaus irgendwo in der US-Provinz, wo er Bienen züchtet. Sein weniges Geld verdient er sich als Paketpacker in der Versandabteilung jenes Konzerns, dem Michelle vorsitzt.
Das lässt in dem diversen Verschwörungsmythen anheimgefallenen Teddy einen Plan reifen, um die dem Untergang geweihte Welt zu retten. Er und Dan kidnappen Michelle, die Teddy für eine Außerirdische vom Planeten Andromeda hält. Um zu verhindern, dass sie mit ihren Leuten von dort über ihre Haare in Kontakt tritt, müssen diese als Erstes einer Glatze weichen, ehe sich Michelle kurz darauf im Keller von Teddys Haus festgeschnallt wiederfindet.
Wahnsinnige Dialoge
Was nun folgt, sind wahnsinnige und wahnsinnig komische Dialoge zwischen den beiden, denen auch Dan als einzige Figur mit einem echten Gefühl für Moral und Anstand oft nur staunend und begriffsstutzig folgen kann. Teddy versucht, Michelle - gern auch mal per Folter - die Wahrheit zu entlocken und sie dazu zu bringen, ihre Andromeda-Kolleginnen und -Kollegen von der feindlichen Übernahme der Erde abzuhalten.
Bestreitet Michelle zunächst jegliche Verbindung zu außerirdischem Leben, setzt sie alsbald ihre Kommunikationskünste ein und scheint erst Dan, dann aber auch Teddy um den Finger zu wickeln. Und so werden die Dialoge wie auch die Szenen drumherum rasend schnell immer absurder. Währenddessen erfährt der Zuschauer mehr zur Vorgeschichte Teddys und warum er ein gebrochener Mann auf der Suche nach einer scheinbar einfachen Lösung ist.
Stone als überlegene Gegenspielerin
Lanthimos' Überlegung, aus Jang Joon-hwans männlichem Konzernchef eine Frau zu machen, könnte dem Umstand geschuldet sein, dass er noch eine Rolle für seine Muse brauchte. Doch es ist natürlich auch bezogen auf die Geschichte an sich einfach eine gelungene Entscheidung, denn so bekommt diese Figur etwas noch Perfideres und hält mehr emotionale Überraschungen parat. Auch ihre Art zu kommunizieren wirkt dank der "Waffen einer Frau" ausgereifter und deutlich klüger.
Aber auch, wie die Figur Teddy angelegt ist und Plemons sie verkörpert, ist sehenswert. Teddy ist nämlich nicht einfach nur irgendein armer Schlucker und Loser, der sich in seiner Einsamkeit in eine Welt voller Verschwörungsideologien hineinfantasiert hat. Ihm und seiner Vorgeschichte wohnt auch eine besondere Tragik inne, die immer wieder durchblitzt und mehr so etwas wie Mitgefühl als bloßes Mitleid für ihn aufkommen lässt. Schüttelt man zunächst über ihn nur den Kopf, gewinnt seine Figur nach und nach an emotionaler Tiefe.
Überhaupt ist "Bugonia" eine Achterbahn der Gefühle, wechselt von Komödie zu Horror zu Sozialkritik - immer wieder werden auch Themen wie Kapitalismus und Klimawandel gestreift - und zurück. Alles in allem ist dieser Film an mancher Stelle aufgrund seiner Brutalität eher nichts für Zartbesaitete, für Hartgesottenere ist er aber durchweg ein großer Spaß.
"Bugonia" läuft ab 30. Oktober in den deutschen Kinos.
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