Den Clinch von französischer und österreichischer Aristokratie kann man sich als eine Art prunksüchtiges Lokalderby vorstellen: Wer heiratet wen, wer hat die Krone auf – und die dickeren Klunker darin?
Der illustre Wettbewerb ist seit dem Niedergang der Monarchien leider passé. Und doch brachte er sich in den vergangenen Tagen in Erinnerung – in einer Koinzidenz der Ereignisse: In Paris wurden die französischen Kronjuwelen geklaut, und in Kanada tauchten die der Habsburger wieder auf, darunter der sagenumwobene Florentiner, der einst den Medici geschmeichelt hatte, ein birnenförmiger, gelbstichiger 137-Karäter. Mit dem Aussterben der Medici war der Diamant in den Besitz des Hauses Habsburg-Lothringen übergegangen. Während dessen Inthronisierung im Jahr 1745 schmückte der Florentiner die Krone Franz Stephans. Ein knappes Jahrhundert lang hatte man den Stein verschollen oder gestohlen gewähnt. Spielfilme und Romane widmen sich der Spekulation über seinen Verbleib.
Dabei waren der Florentiner und andere funkelnde Kinkerlitzchen die ganze Zeit über im Besitz der Habsburger, verwahrt in einem kanadischen Safe. Die umsichtige Zita Maria delle Grazie Habsburg-Lothringen, geborene Prinzessin von Bourbon-Parma, und letzte Kaiserin von Österreich, hatte sie, wie jetzt die „New York Times“ berichtet, auf der Flucht vor den Nazis in einem Pappkoffer über den Atlantik geschafft. Als sie 1952 nach Europa zurückkehrte, ließ sie die Steine in der Obhut der Québecer Bank. „Meine Großmutter fühlte sich sehr sicher“, wird Karl von Habsburg-Lothringen zitiert, der die Zeitung einlud, den Schatz zu inspizieren, „sie konnte endlich aufatmen.“ Offenbar war ihr ein Stein vom Herzen gefallen.
Selbst Angehörige des engsten Habsburger-Clans waren ahnungslos über den Verbleib – und antworteten wahrheitsgemäß, wann immer sie jemand fragte, dass sie von den Klunkern keinen Schimmer hätten. Verblüffte Verwandte berichten, sie seien erst neulich auf einem Familienfest ins Bild gesetzt worden. Der Grund waren schlaue Sicherheitsbedenken: Je weniger Leute davon wüssten, räsonierte Zita, desto weniger kämen auf dumme Gedanken. Sie weihte nur ihre Söhne Robert und Rudolph ein – und erlegte ihnen 100 Jahre Stillschweigen auf. Vor ihrem Tod erzählten die beiden es wiederum ihren Söhnen. Man könnte sich jetzt wundern, ob die Habsburger keine Töchter bekommen oder warum es nur die Söhne wissen duften, aber diese heikle Frage geben wir lieber weiter an versierte Gender-Genealogen oder die feministische Adelsforschung.
So geht jedenfalls Diskretion, liebe Juwelenfreunde! Im Louvre lauteten die Passwörter des Security-Systems „LOUVRE“ und „THALES“ – letzteres der Name der Sicherheitssoftware. Die zu überwinden gelang sogar den dusseligen Dieben, denen das wertvollste Stück ihres Raubzugs – die Krone der Kaiserin Eugénie de Montijo (1826–1920), Ehefrau von Napoleon III., aus Gold und besetzt mit Hunderten Diamanten und 56 Smaragden – bei der Flucht aus der Tasche rutschte. Verglichen mit Zitas cooler Noblesse mutet das an wie eine Türenklappkomödie von Louis de Funès.
In beiden Fällen hatten übrigens die Deutschen die Hand im Spiel. Zita floh einst vor der Wehrmacht, die nach dem Anschluss Österreichs im Jahr 1938 ihren Sohn Otto, der die Nazis hasste, als Staatsfeind suchte. Und der Kran, mit dem die Diebe sich Zugang zum Louvre verschafften, stammt vom deutschen Hersteller Böcker. Der wirbt nun mit einem Foto, das sein Produkt während des Raubes zeigt. Der Slogan: „Wenn’s mal wieder schnell gehen muss: Der Böcker Agilo befördert eure bis zu 400 kg schweren Schätze mit 42 m/min – flüsterleise dank 230 V E-Motor.“ Ab sofort kennt die Geschichte nicht nur Treppen-, sondern auch Hebebühnenwitze.
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