Wenn es eine Figur gibt, die in Deutschland noch nicht ihre verdiente Größe erreicht hat, dann ist es der Grinch. Dr. Seuss, der amerikanische Kinderbuchautor, hat ihn erfunden. Der Grinch ist grün, hasst Weihnachten und verdirbt allen die Laune.

An dieser Stelle soll nun allerdings nicht in bester Grinchmanier zur Abschaffung des kompletten Christfests aufgerufen werden, sondern nur zum Verbot von beinahe all jenen Vorweihnachtsphänomenen, die jeden, der nicht jetzt schon völlig vom Glühwein beduselt ist, bis zum Heiligen Abend geradezu zwangsläufig vergrinchen lässt.

Dass die Spekulatius, Dominosteine und Lebkuchenherzen, die seit dem Ende der Sommerferien in den Supermärkten liegen, mit einem Verkaufsverbot bis zum Samstag vor dem ersten Advent belegt werden sollten, ist ja nicht neu.

Auch die Idee, bis zu diesem Termin die Anbringung jeglicher Weihnachtsbeleuchtung (blinkende Rentiere, Apfelbäume mit grotesken Glitzerketten etc.) unter Strafe zu stellen, das Benutzen von Blockflöten, das Abspielen von Rolf Zuckowskis „Weihnachtsbäckerei“ und von „Last Christmas“ und überhaupt die Eröffnung jedes Weihnachtsmarktes, hat sich leider nicht so richtig durchgesetzt.

Keine Rentierpullis mehr, bitte

Ein bisschen war unsere seit September leicht grünliche Gesichtsfarbe immerhin blasser geworden, weil seit dem Dahinscheiden der Romcoms, die bis zu ihrem Ende ja immer mehr zur vorfestlichen Saisonware verkommen waren, wenigstens kein Mensch mit Rentierpulli mehr als ernsthafter Love Interest im Kino auftreten muss. Waren wir erleichtert!

Bis ausgerechnet die Öffentlich-Rechtlichen in ihrem Wahn, alle Streamer rechts zu überholen, auf die teuflische Idee kamen, kurz nach dem Glühweinanstich Anfang November gefühlt ein halbes Dutzend Weihnachtsfilme in ihren Mediatheken live zu stellen, die sie dann für alle, die Fernsehen noch quasi analog schauen, erst nach dem Entzünden der ersten Adventskranzkerze im linearen Programm versenden.

Frauen und Männer finden sich nach Jahren des herzlichen Missverstehens unterm oder am Christbaum. Im Kugelglanz prallen Familien aufeinander, manche explodieren. In einem Luxuskaufhaus kommt es zu einem wahrhaft kreuz und queeren Amourendurcheinander („Weihnachten im Olymp“), im Transitraum einer Schulturnhalle finden zum Fest die diversesten Gesellschaftsschichten zusammen („Eine fast perfekte Bescherung“).

Bei einem klassischen Murder-Mystery („Dahlmanns letzte Bescherung“) gibt es Tote. Zwei verfeindete Familien finden unterm Christbaum zu Liebe und Versöhnung („Weihnachtsüberraschungen“). Aufregend ist das alles nicht. Obwohl Thomas Thieme mitmacht und Margarita Broich und Heino Ferch.

Es gibt schon zu viele Weihnachtsfilme

Der Defibrillator wird nicht gebraucht, man kann beruhigt Gans essen, soviel man mag. Wäre alles überflüssig, selbst wenn die Archive der Sender mit Weihnachtsfilmen aus den vergangenen Jahrzehnten nicht so übervoll wären, dass man den Advent auch ohne sie auf Glühweintemperatur bringen könnte, bis der letzte Boomer seine Haselnussmakrone abgegeben hat.

Müsste man alles verbieten fürs kommende Jahr (normalerweise auch den Weihnachts-„Tatort“, der kommt aber dieses Mal ohne Apfel, Nuss und Mandelkern aus).

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