Bevor wir uns gleich echauffieren und einen – versprochen – bahnbrechenden Vorschlag machen, müssen wir leider mit ein paar Zahlen langweilen. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte hat 2024 durch die Verwaltung der Nutzungsrechte ihrer rund 95.000 deutschen Mitglieder und gut zwei Millionen globaler Rechteinhaber rund 1,133 Milliarden Euro eingenommen aus 23 Milliarden Einzeltransaktionen. Was mehr Transaktionen sind als bei PayPal. 

Das Rechte-Inkasso macht die Gema, einst mit Richard Strauss als Spiritus rector gegründet als Instrument der Urheber gegen Verlage, so gut und gewissenhaft, wie man es eigentlich von jeder deutschen Behörde erwarten darf. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit, wenn es wieder Diskussionen darüber gibt, ob die Gema mit ihrer pfennigfuchsenden, bei jedem kleinsten kommerziellen Abspielen von „Last Christmas“ die Hand aufhaltenden Rechteverwertegier nicht die Weihnachtsmärkte gefährdet, die bloß 0,3 Prozent zu den Gema-Gesamteinnahmen beitragen.

Der Streit, der gerade um eine Reform der Gema entbrannt ist und mit dem Scheitern eben jener Reform vorerst zu Ende ging, hat durchaus das Zeug zum Klassiker. Es geht um eine vergleichsweise lächerliche Summe und um eine Art Geburtsfehler der Gema. Die versteht sich nämlich nicht nur als Tech-Unternehmen. Sie hat sich auch einen Kulturauftrag gegeben. Will jene Urheber fördern, die sich nicht oder schlecht selbst finanzieren können. Das ist natürlich sehr schön. Im Prinzip.

Auszuschütten waren von der Solidargemeinschaft zuletzt rund 56 Millionen Euro. Hier endet das Solidarische, und es wird sehr deutsch. 16,5 Millionen davon kommen mehr oder weniger bedürftigen Vertretern der „E-Musik“ zugute, 39,6 Millionen jenen der „U-Musik“. Eine Verteilung, die nun die Gema-Leitung zugunsten der „U“-Fraktion ändern möchte, schließlich stammen 97 Prozent der Gema-Einnahmen von „U“.

Die um ihren Bestand und Lebensunterhalt in Krisenzeiten kämpfenden „E“-Fraktionäre fantasierten daraufhin mit einer derart altbackenen spät-adornitischen Emphase den Untergang der deutschen Hochkultur herbei, dass man ihnen allein deswegen schon die Ausschüttung verweigern wollte. Der Hardcore-E-Komponist Helmut Lachenmann etwa schrieb „U“ zwar „den unverzichtbaren ‚Dienst‘ an der Lebensfreude“ zu. „E“ aber ginge es, so Lachenmann in der „FAZ“, „um die gleichermaßen unverzichtbare, letztlich aber schwierige und anspruchsvollere Erinnerung an unsere ästhetischen Bedürfnisse und Neugier als Teil unserer geistigen Versorgung“.

Bevor man angesichts solcher Argumentationen in Länder flieht, in denen es kein „E“ und „U“ gibt (also in beinahe alle) und es nach dem nächsten Weihnachtsmarkt wieder zu heiligen Gema-Kriegen kommt, ein Vorschlag zur Güte: Die Gema wird reines Verwertungsunternehmen, einen noch festzulegenden Millionenbeitrag spendet die solidarische Urhebergemeinschaft in einen Fördertopf, in dem Genre-, „E“- und „U“-übergreifend sämtliche musikalischen Urheber-Fördermaßnahmen des Landes zusammenfließen und die dann in einem wirklich transparenten Verfahren verteilt werden. Dessen kann sich eigentlich nur einer annehmen. Herr Weimer, übernehmen Sie!

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