Flatterhosen, Hornbrillen oder Wollsocken in Sandalen: Das trägt scheinbar eine Frau, die sich nicht darum schert, ob sie Männern gefällt. Solche Looks findet man in den sozialen Medien derzeit häufig unter dem Hashtag #Manrepeller. Das Kleidermotto: sich möglichst so anziehen, dass der Mann abgeschreckt wird. Abschrecken, auf Englisch: to repell.
Der Trend ist ein Revival, wie die Zeitschrift «Annabelle» schreibt. Denn bereits 2010 gründete die New Yorkerin Leandra Medine den erfolgreichen Mode-Blog «Man Repeller». Ihre Looks: aussergewöhnlich, selbstbestimmt – und vor allem nicht nach dem Geschmack des Hetero-Mannes.
Spieglein, Spieglein …
Renate Stauss, Professorin für Modewissenschaften in Berlin und Paris, erinnert sich besonders an einen Blogpost von «Man Repeller»: «Er stellte die Frage: Wenn ich mich wirklich nur für mich kleide, warum schaue ich eigentlich in den Spiegel?»
Vor dem Spiegel, so Stauss, übernehmen wir den Blick der anderen, fragen uns, ob wir gefallen: «Der Spiegel gibt unausgesprochenes Feedback auf das, was ich anziehe».

Der Blog habe kritisch hinterfragt, für wen sich Frau schön macht. Die klare Antwort «Nicht für den Mann» traf bei vielen Modebewussten ins Schwarze. Dieser Gedanke begeistert nun auch die neue Generation der «Man Repeller» wieder.
Ein Trend unter vielen
Ist dieses Comeback Zeichen einer Zeit, in der Frau modisch dem Patriarchat endgültig den Rücken kehrt? «Es laufen immer viele Trends gleichzeitig», beobachtet Renate Stauss.
«Es gibt Frauen, die sich heute genderneutral anziehen und solche, die klassisch feminin gelesene Mode zelebrieren – und ganz viele Frauen dazwischen.» Konservative Tradwives in taillierten Blumen-Röckchen etwa oder Kim-Kardashian-Kopien mit körperbetonten Outfits: Auch sie sind Vorbilder für Frauen, betont Stauss.
Für den Mann herausputzen
Die engen Kleider wirken so, als wären sie massgeschneidert für den «Male Gaze». Den Begriff hat die Filmkritikerin Laura Mulvey 1975 geprägt. Ihre These: Im Kino handeln die Männer, Frauen werden angeschaut – und beurteilt, mit dem Blick eines heterosexuellen Mannes.
Stauss, die Geschlecht als soziale und kulturelle Konstruktion versteht, betont: «Auch der männliche Blick ist natürlich eine gesellschaftliche Konstruktion.» Männer und ihren Geschmack kann man nicht alle in eine Schublade stecken. Aber in unserer Gesellschaft habe die Frau verinnerlicht, dass sie für ihr Aussehen bewertet wird – nicht für ihre Leistung, wie der Mann.
Frauen, die sich als «Man Repeller» sehen, wehren sich gegen diese Ungleichheit. Ein feministischer Protest mit Power? Stauss, die sich viel mit dem Thema Protest beschäftigt, schätzt den Einfluss gering ein: «Das ist eher ein Randphänomen – aber dennoch wichtig.»
Frau und Mann nehmen es lockerer
Und doch stellt man heute auf der Strasse fest: Klassisch feminine Mode ist weniger präsent. Man trägt eher bequem – und Frau eher Sneaker als High Heels. Diesen Eindruck bestätigt Stauss, nennt das «Casualisierung» – den lockeren Umgang mit Mode. Der Grund dafür: wahrscheinlich wieder Corona. Als wir alle angehalten waren, zu Hause zu bleiben – und im Umgang mit Mode legerer wurden.
Auch Parade-Püppchen Barbie trägt heute übrigens im Job keine High Heels mehr. Ein feministisches Statement? Vielleicht. Aber wahrscheinlich sind die hohen Hacken einfach schlicht unbequem.
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