In ihrem Podcast „News Core: Politik bis Popkultur“ unterhalten sich Imke Rabiega und Julian Theilen über Trends und aktuelle Debatten. Das folgende Transkript bietet die Essenz der Podcastfolge „Warum Formel 1 im Trend liegt und der Japandi-Style uns beruhigt.“

Imke: Wir sprechen heute über die Formel 1 und wie der etwas verstaubte Motorsport plötzlich zum absoluten It-Sport der Gen Z geworden ist.

Julian: Rennfahrer wie Lewis Hamilton werden total verehrt und gelten als Popstars und Stilikonen. Auch Lando Norris von McLaren, dieser kleine, cute Boy aus Großbritannien wird angeschmachtet. Auf TikTok sprießen die Formel-1-Accounts aus dem Boden. Und was auffällt ist, es sind vor allem junge Frauen, die die Formel 1 hypen.

Imke: Ja, das hat mich auch extrem überrascht. Für mich war das immer eine Nische. In der Schule gab es höchstens eine Person im Jahrgang, die sich dafür interessiert hat. Ich hätte vor allem nicht gedacht, dass es in einer Generation, in der Fridays for Future groß war und alle sich ständig über das Klima Gedanken machen, noch mal ein Motorsport schafft, so in den Trend zu kommen.

Julian: Und das tut er auf jeden Fall. 2024 gehörte die Formel 1 laut Umfragen bei den 18- bis 24-Jährigen zu den Top 3 der beliebtesten Sportarten. Wie konnte es dazu kommen?

Imke: Um das zu klären, haben wir einen Experten auf dem Gebiet eingeladen. Jasper Bitter ist Wirtschaftsjournalist bei BILD und Formel-1-TikToker.

Julian: Er hat knapp 35.000 Follower bei TikTok und veröffentlicht Erklärvideos rund um den Motorsport.

Imke: Jasper, wie hat die Formel 1 den Wiederaufstieg in den Trendsport geschafft?

Jasper: Dahinter steckt eine groß angelegte Strategie von Liberty Media. Das ist ein Unternehmen aus den USA, die sich 2017 die Rechte an der Formel 1 zugesichert haben. Dann haben sie die gesamte Marketing-Strategie umgebaut. Ein Beispiel dafür ist die Netflix-Serie „Drive to Survive“, die sehr viele neue Fans zur Formel-1 gebracht hat. Dort wird viel mehr Fokus auf die Persönlichkeit unter den Helmen gelegt. Auch in die Social-Media-Strategien wurde viel mehr Energie gesteckt, um sich neue Zielgruppen zu erschließen. Vorher war das der Formel 1 recht egal. Das war ein alter weißer Männersport, wenn man es so salopp sagen kann. Inzwischen wird viel dafür getan diesen schon recht komplizierten Sport interessanter zu machen für die Gen Z.

Imke: Die offizielle Formel-1-TikTok-Seite hatte 2021 noch 500.000 Follower und jetzt hat sie bereits über 10 Millionen. Es läuft auf jeden Fall, auch im Streaming. Bei Twitch, wo Fahrer wie Lando Norris selbst mit ihren Fans interagieren, steigen täglich die Zugriffszahlen. Dazu gibt es auch den Modetrend rund um die Formel 1 und viele Modekooperationen, zum Beispiel mit Tommy Hilfiger, Mercedes, Puma, Red Bull, Balmain und Alpine. Ab 2026 gibt es dann eine Disney-Kooperation, um zukünftig noch jüngere Zielgruppen zu erschließen. So sollen Kinder mit Serien und Merchandise an die Forme 1 herangeführt werden.

Julian: Schon klug. Disney kann den sonst sehr harten Sport verniedlichen, bei dem man sterben kann. Auch interessant ist, wie die Community mit dem Umweltaspekt umgeht. Motorsport gilt ja als Inbegriff von Petro-Maskulinität.

Imke: Das Wort musst du kurz erklären.

Julian: Petro-Maskulinität bringt zwei Konzepte zusammen, die eigentlich in unserer Zeit als total verachtet gelten. Einmal die toxische Maskulinität und diese Faszination für Motor, Auto und Benzingeruch. Das ist ja gerade, wenn wir bei dem Umweltaspekt bleiben ein Riesenthema für die Gen Z gewesen. Warum ist das trotzdem kein Hindernis, dass die Leute den Sport geil finden?

Jasper: In der Fan-Community gibt es zwei Lager. Ich sehe das auch immer unter meinen Videos in den Kommentaren. Ein paar schreiben: „Die fahren da rum und stoßen ohne Ende CO₂ aus. Völlig unnötig, warum macht man so was?“ Von vielen anderen wird es hingegen völlig ignoriert. Wo die Formel 1 aber einen ganz guten Job macht, ob man das nun Greenwashing nennt oder nicht, ist, dass sie die Probleme angehen. Die Sportler fahren jetzt mit E10 und bis 2030 wollen sie klimaneutral sein. Bald werden E-Fuels eingeführt, was auch nicht perfekt ist, aber schon mal besser. Außerdem hat die Formel 1 als Logistikpartner DHL und kommunizieren sehr offen, wie die Logistik funktioniert und wo sie Einsparungen machen können.

Im Endeffekt muss man aber sagen, bleibt es ein reines Spaß-Event. Die fahren da im Kreis herum und das ist natürlich völlig unnötig ausgestoßenes CO₂. Aber für die meisten Fans bleibt das im Hintergrund. Man muss auch dazu sagen, dass wenn bei einer Fußball-WM die ganzen Fans anreisen, auch extrem viel CO₂ ausgestoßen wird.

Imke: Es ist ein Widerspruch, den man gut ignorieren kann. Das ist typisch für die Gen Z. Wir haben uns damit abgefunden, vielleicht mehr als andere Generationen vor uns, dass wir mit sehr, sehr großen Widersprüchen leben. Dazu kommt, dass die Formel 1 relativ transparent kommuniziert, dass es Probleme gibt. Auch das mögen wir, dass man Dinge offen anspricht und gleichzeitig sagt, wir können nicht alles sofort ändern, aber wir sind an Lösungen dran. Trotzdem habe ich Motorsport als ein absolutes Männerthema in meiner Vergangenheit wahrgenommen und mich gefragt, warum jetzt so viele junge Mädchen den Trend mitmachen und auf TikTok plötzlich über Motoren und Kurvenwinkel sprechen.

Jasper: Ja, das ist auf jeden Fall interessant. Ich habe bei meinen Videos auch fast immer einen Frauenanteil von 50 Prozent. Früher war die Formel 1 mit ihren Grid Girls sehr sexistisch und dann gab es auch noch diese PS-Protzerei. Das hat sich zum Glück deutlich geändert und dadurch ist es nun ein attraktiverer Sport für ganz viele Menschen. Auf der Strecke sind allerdings noch gar keine Frauen. Da arbeiten die dran. Es gibt eine Nachwuchsserie, die aber ehrlich gesagt nicht so viel bringt. Ich glaube, bis eine Frau in der Formel 1 fährt, dauert es noch. Das ist aber den Fans gar nicht so wichtig. Es gibt andere Vorbilder hinter den Kulissen. Hannah Schmitz ist ein gutes Beispiel, die ist Strategiechefin von Red Bull und wirklich ein Genie. Dafür wird sie auch gefeiert.

Julian: Weibliche Influencerinnen wie Lissie Mackintosh und Toni Cowan-Brown haben dabei auch eine bedeutende Rolle gespielt, die Formel 1 für junge Frauen zugänglicher zu machen. Unabhängig davon sind aber auch die Fahrer selbst, wie zum Beispiel Louis Hamilton, zu Popstars geworden. Er ist nicht nur Rennfahrer, sondern auch Stilkone. Außerdem ist er Umweltaktivist. Er fährt privat voll elektrisch, ist vegan, unterstützt Umweltkampagnen und so weiter. Und er macht häufig auf die Probleme von Motorsport aufmerksam, aber auch auf mögliche Lösungen. So wurden Formel-1-Fahrer, also ein Sport, der ja nichts anderes ist als Hedonismus und Verschwendung, irgendwie auch zu moralischen Vorbildern.

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