Ein Forschungsteam der Universität Zürich arbeitet zurzeit den Missbrauchsskandal in der römisch-katholischen Kirche auf. Nun werfen die Sonntagsmedien dem Bistum Basel mangelnde Kooperation vor. Das Bistum wehrt sich ungewöhnlich heftig und spricht von Verleumdung. Religionsredaktorin Nicole Freudiger erklärt, was da los ist.
Wie lauten die Vorwürfe an Felix Gmür?
Der Sonntagsblick schreibt, «dem Vernehmen nach» sei der Basler Bischof Felix Gmür nicht einverstanden, dass das Forschungsteam der Universität Zürich erneut Zugang erhalte zum Archiv des Bistums. Die NZZ am Sonntag doppelt nach und schreibt, die angebliche mangelnde Kooperation verärgere Bischofskollege Joseph Bonnemain, der bei der Bischofskonferenz für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals zuständig ist. Zudem wird im Artikel die Unabhängigkeit der Basler Meldestelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt angezweifelt. Denn dasselbe Anwaltsbüro, das die Meldestelle betreibt, habe den Bischof im Fall Denise Nussbaumer beraten.
Was entgegnet das Bistum Basel?
Die Aussage, in der Bischofskonferenz herrsche «dicke Luft», sei «frei erfunden». Auf Anfrage schreibt auch das Bistum Chur, Bischof Bonnemain sei nicht verärgert über seinen Kollegen aus Basel. Die unabhängige Meldestelle, so das Bistum Basel, sei genau das: unabhängig. Die Berichterstattung überschreite «massiv die Grenzen des Anstandes». Das ist eine für ein Schweizer Bistum ungewöhnlich heftige Reaktion.
Warum reagiert das Bistum so deutlich?
Für die Schweizer Bischöfe steht viel auf dem Spiel: Wie sie mit dem Missbrauchsskandal umgehen, entscheidet massgeblich, ob sie den zurzeit äusserst schlechten Ruf der römisch-katholischen Kirche wieder verbessern können. Die Glaubwürdigkeit der Kirche wird daran gemessen, wie die Verantwortlichen mit dem Missbrauchsskandal umgehen. Die Bischöfe können es sich nicht leisten, auch nur den Anschein zu erwecken, die Aufarbeitung zu behindern.
Was bedeutet dies für die Medienberichterstattung?
Die Medien spielen bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals eine wichtige Rolle. Hätten sie den Betroffenen kein Gehör verschafft und damit Druck aufgesetzt, wäre die Aufarbeitung wohl weniger weit als sie ist. Gleichzeitig zeigt die aktuelle Debatte, dass bereits Vorwürfe wie etwa jener zur unabhängigen Meldestelle konkrete Folgen haben können. Folgen, die unter Umständen den Betroffenen schaden. Für die Medien gilt deshalb eine besondere Sorgfaltspflicht.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.