Mit Michael Kinzer ist neu ein Romand Kopf der Kulturstiftung Pro Helvetia. Er folgt auf Philippe Bischof, der von seinem Amt zurücktritt. Ein Gespräch über Kinzers erste Begegnungen mit Kultur und Courage als Leiter von Pro Helvetia.

SRF: Kultur spielte bei Ihnen schon als Kind eine grosse Rolle. Mögen Sie uns von Ihren kulturellen Anfängen erzählen?

Michael Kinzer: Ich hatte tatsächlich das Glück, in einer kulturaffinen Familie aufzuwachsen. Ich durfte als kleines Kind schon Aida in den Arenen von Verona oder Jacques Tati im Kino entdecken.

Kulturschaffen ist Arbeit. Es muss fair bezahlt werden.
Autor: Michael Kinzer

Ich habe mich dann in das zeitgenössische Kulturschaffen gestürzt und eine Leidenschaft für Musik entwickelt. Ich war zwar nicht begabt genug, um Künstler zu werden, aber aus meiner Leidenschaft ist ein Beruf geworden, als ich als 23-Jähriger Programmleiter des Fri-Son in Freiburg wurde.

Sie hatten viele Positionen in der Kulturszene inne, vor allem in der Westschweiz. Zuletzt waren Sie Kulturchef in Lausanne. Als neuer Direktor von Pro Helvetia – was heisst Förderung von Kulturschaffenden für Sie konkret?

Kulturschaffen ist Arbeit, es muss fair bezahlt werden. Im Schnitt verdienen Künstlerinnen und Künstler rund 3300 Franken im Monat. Das ist wenig. Es ist wichtig, dass alle Förderinstanzen sich einsetzen, um die Löhne zu verbessern.

Es ist aber auch wichtig, dass wir zusammen gute Arbeitsbedingungen schaffen – mit Veranstaltungsstätten, Arbeitsräumen, Zugang zu internationalen Plattformen, Unterstützung bei der Verbreitung oder auch mit Coachings.

Ein Vorwurf: Pro Helvetia sei zu bürokratisch, zu wenig innovativ. Was entgegnen Sie?

Pro Helvetia verteilt öffentliche Gelder, trägt eine öffentliche Verantwortung. Alle Entscheide werden fundiert getroffen, basierend auf Transparenz, Ethik, Chancengleichheit. Pro Helvetia verarbeitet circa 7000 Gesuche pro Jahr, verteilt auf über 100 verschiedene Fördergefässe. Am 1. Juli öffnen circa 50 Ausschreibungen.

Wir sind unter der Aufsicht der Kultur-Szene, der Medien und der Politik. Es ist deshalb auch akzeptabel, dass wir punktuell an Flexibilität verlieren. Mit 13 Prozent administrativen Kosten sind diese niedrig und innerhalb des Rahmens. Aber Pro Helvetia ist auch bekannt für ihr proaktives, flexibles Denken. Es ist auch mir ein Anliegen, dass wir vorausdenken.

Wo sehen Sie die grössten Baustellen von Pro Helvetia?

Die Kulturszene entwickelt sich rasant und steht in einem konstanten Wandel. Deshalb ist es wichtig, zusammen mit dem Bund, mit den Kantonen, mit den Städten und der privaten Kulturförderung diese Dynamik zu würdigen und im Dienste der Kultur zu agieren. Das ist eine permanente Herausforderung.

Die Schweiz – getrennt vom Röstigraben. Nun arbeiten Sie hauptsächlich in Zürich. Fühlen Sie sich wohl in der Deutschschweiz?

Ich wurde in nationalen kulturpolitischen Diskussionen schon lange als das «welsche Element» miteinbezogen. Und ich wiederum habe in der Programmgestaltung und auch in meinen anderen Aktivitäten die Deutschschweiz immer miteingebracht.

In der heutigen turbulenten Welt ist es für mich ein Anliegen, dass der Kulturaustausch, den Pro Helvetia auch fördert, von Toleranz und Verständnis geprägt ist.
Autor: Michael Kinzer

Ich kenne die Unterschiede – und sehe mich da als Brückenbauer. Das ist auch als Leiter von Pro Helvetia wichtig.

Sie haben in einem Interview gesagt, dass es in der Kulturpolitik Courage brauche. Für welche Werte stehen Sie ein?

In der heutigen turbulenten Welt ist es für mich sicher ein Anliegen, dass der Kulturaustausch, den Pro Helvetia auch fördert, von Toleranz und Verständnis geprägt ist. Die Meinungsfreiheit soll auf und abseits der Bühne gepflegt werden.

Das Gespräch führte Danja Nüesch.

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