Geruch war lange Zeit eine Frage des persönlichen Stils. Jetzt wird es zur politischen Botschaft. „Trump Fragrances sind da“, verkündete Donald Trump auf seinem eigenen Social-Media-Kanal Truth Social. „Sie heißen ‚Victory 45-47‘, denn sie stehen für Sieg, Stärke und Erfolg – für Männer und Frauen“, so der 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten weiter.
Der US–Präsident, der sich bereits mit Sneakern, Uhren, Mobiltelefonen oder Gitarren mit dem Schriftzug „Make America Great Again“ als Marke kultiviert, zeigt mit seiner neuen Parfümlinie, dass für ihn das Sinnesorgan Nase nur ein weiteres Werkzeug zur Erhöhung des eigenen Mythos ist.
Wer sich auf die eigens dafür lancierte Website gettrumpfragrances.com begibt, kann dort hübsche Bildchen des Flakons begutachten. Eine vergoldete Herrenfigur thront dort – den Blick in die Ferne schweifend – mit Tatkraft suggerierender Armhaltung in James Bond-Manier auf einem in Altgold gehaltenen Rundsockel. In der „Pour femmes“-Variante des Dufts kommt der Sockel in einem Bronze-Terrakotta daher.
„Reiche, maskuline Noten“
Beim Klick auf eines der Bildchen heißt es in der Produktbeschreibung: „Mit seiner ikonischen goldenen Statue vereint Victory 45-47 reiche, maskuline Noten mit einem raffinierten, lang anhaltenden Finish. Für Männer, die mit Stärke, Selbstvertrauen und Zielstrebigkeit führen – dies ist mehr als ein Parfüm; es ist eine Feier der Widerstandsfähigkeit und des Erfolgs.“ Der Preis für dieses Wässerchens für den Gewinner liegt bei 249 Dollar.
Man kann das natürlich alles mit dem notorischen Kopfschütteln quittieren und sich mit Abiturienten-Arroganz darüber lustig machen, wie geschmacklos und ordinär das doch alles ist. Schließlich sorgen Celebritiy-Parfüms von Promis wie Kim Kardashian, Justin Bieber oder David Beckham regelmäßig für Stirnrunzeln. Duftpuristen und Fans von Nischenhäusern bemängeln seit Jahren die „Seelenlosigkeit“ vieler Promi-Düfte – zu massenkompatibel, zu austauschbar, zu wenig Charakter. Im High-End-Segment gelten solche Produkte eher als „Fast Fashion für die Nase“ – schnell produziert, schnell verkauft, rasch verflogen.
Doch darum geht es hier nicht. Auf eine seltsame Art steht „Victory 45-47“ stellvertretend wie kein anderes Produkt für das Phänomen Donald J. Trump. Besonders deutlich wird das daran, dass die Produktseite keinerlei Informationen über die Zusammensetzung und die Noten des Dufts liefert. Was auf den ersten Blick dubios erscheint, ist nur konsequent und fügt sich passgenau in die Strategie des Tausendsassas im Weißen Haus ein. Was zählt, ist die Verpackung. Der Flakon selbst ist das Produkt, der Inhalt völlig nebensächlich. Wie bei seiner politischen Agenda geht es um Wiedererkennung und „Aura“, weniger um Inhalte.
Ideologie wird Duftnote
Damit bestätigt sich auf verquere Art ausgerechnet die 68er-Parole „Alles Politische ist privat, alles Private ist politisch“. Der Geruch eines Menschen, dieser so flüchtige und intime Sinneseindruck, für den man einer anderen Person körperlich ultimativ nahekommen muss, gerät zum weltanschaulichen Marker. Politik wird zum Lifestyle. Ideologie wird Duftnote. Wahlkampf wird Konsum.
Wie sehr Trump den zeitgenössischen Konsumkult verstanden hat, wird anhand seines zweiten Dufts deutlich, der bereits im zurückliegenden Wahlkampf erschien. Mit seinem Namen „Fight Fight Fight“ ist das Produkt ein einziger abgefüllter Schlachtruf (mit dem Trump das Attentat auf ihn vom 13. Juli vergangenen Jahres vermarktete).
Vertrieben wird das Parfüm mit Trumps Namen von einem Unternehmen namens 45Footwear LLC. Auf der Website des Unternehmens heißt es, 45Footwear LLC sei „nicht im Besitz, unter der Leitung oder Kontrolle“ des Präsidenten. Die Trump-Parfüm-Website betont auch in einer Art Haftungsausschluss, dass es sich nur um eine Lizenzvereinbarung handele, dass der Präsident keinen Einfluss auf das Parfüm habe und dass es „nicht politisch ist und nichts mit einer politischen Kampagne zu tun hat.“ Uff.
Auf der Bewertungsplattform Fragrantica berichten Nutzer übrigens, dass „Victory 45–47“ nach Kardamom, Geranie und aromatischen Holz-Akkorden rieche. „Ehrlich gesagt, ist das nicht schlecht. Aber es ist nichts Beeindruckendes“, schreibt ein Nutzer und fügt hinzu, dass der Geruch „sehr, sehr, sehr überteuert“ sei und wie etwas rieche, das man bereits für 26 Dollar bei Ross, einer amerikanischen Discount-Kette, bekomme. Aber, wie gesagt, der Duft spiegelt das Phänomen Trump wider. In all seinen Facetten.
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