Waldesroda im Thüringer Wald ist der perfekte Ort für eine sorgenfreie Kindheit. Norah, Goran und ihre Clique lieben den Ort und der Ort liebt sie. Doch als David in Norahs Leben tritt, ändert sich alles: Ein Liebespaar wird brutal ermordet, die Clique bricht auseinander. Und das ist erst der Anfang.

Kennen Sie Gräfenroda? Nein? Okay, aber Sie sollten es vielleicht, immerhin wurden hier die Gartenzwerge erfunden. Gräfenroda ist ein Dorf im Thüringer Wald, unweit von Ilmenau, Arnstadt und Oberhof. In den 1980er Jahren war es der perfekte Ort für eine fantastische Kindheit: Schwimmbad, Wälder, Wiesen, Höhlen, Abenteuer, Freiheit. In den Ferien mit Freunden früh aus dem Haus und erst, wenn die Sonne sich hinter die Baumspitzen zurückzog, wieder nach Hause. Unbeschwertheit at its best.

Für Waldesroda dürfte das auch gelten. Hier wachsen Norah, Rolaf, Peggy und Goran auf, in den 1990ern. Goran kommt mit seinen Eltern aus Jugoslawien in das kleine Örtchen, das sich irgendwo bei Frauenwald und Schmiedefeld idyllisch an die es umgebenden Fichtenwälder schmiegt.

Anfang der 2000er sind aus den Kindern von einst Teenies geworden, ist eine Clique entstanden, die es mit allen Widrigkeiten, mit Tod und Teufel aufnehmen kann. Das glaubt sie zumindest. Alle im Dorf wissen: Norah und Goran, das ist das perfekte Paar. Doch die beiden "besten Freunde" kommen nicht zusammen.

Junge Liebe und dann zwei Morde

Norah verliebt sich in David, Anfang 20, eigenes Auto, raspelkurzes Haar. Norah scheut sich zunächst, ihren Freund der Clique vorzustellen. Doch irgendwann muss sie es tun, das Scheunenfest in einem Nachbarort scheint der perfekte Zeitpunkt dafür. David holt Norah ab, hält sie im Arm, besitzergreifend, als sie die Lokalität betreten. Die Clique ist überrascht, Goran wütend, obwohl er Norah nur das Beste wünscht. Er betrinkt sich, raucht einen Joint und bevor er sich übergeben muss, verlässt er die Scheune.

Draußen stößt er wieder auf David, der ihn "Jugo" schimpft und ihm schlag- und trittkräftig beibringt, dass Norah jetzt seine Freundin ist. Goran landet im Krankenhaus und obwohl alle vermuten, wer hinter dem Angriff steckt, macht Goran ihnen allen klar, dass das seine Sache ist, dass er sich allein an David rächen wird. Auge um Auge. "Dorf-Gerechtigkeit".

Doch dann werden auf einem vor allem bei Pärchen beliebten Parkplatz zwei Jugendliche ermordet. Brutal. Mit mehreren Schüssen. Eine Hinrichtung. Der Schütze ist David, von dem sich Norah kurz davor getrennt hatte. Kurz darauf fehlt von David jede Spur. Es geht das Gerücht um, dass er nach Schweden geflohen und dabei in der Ostsee ertrunken sei. Norah, die "Freundin des Killers", verlässt Waldesroda in Richtung Dresden. Goran zieht es nach Berlin. Rolaf und Peggy bleiben zwar, aber die große Freundschaft von einst gibt es auch bei ihnen nicht mehr.

Das Gute bewahren, das Böse vergessen

Gut 20 Jahre darauf ist Norah mittlerweile wieder zurück in ihrem Heimatort und betreibt ein kleines Café. Sie wohnt mit ihrer Mutter zusammen und kommt ganz gut über die Runden. Als allerdings gleich mehrere Briefe eines Unbekannten auftauchen, überschlagen sich die Ereignisse in Waldesroda erneut. Es scheint, als sei David nicht tot und wolle sich nun an Norah rächen, für etwas, das nur sie weiß. Norahs Mutter alarmiert Goran, der mittlerweile mehrere Wettbüros in der Hauptstadt betreibt und sich da auch einen gewissen Ruf erarbeitet hat. Als er nach Waldesroda zurückkommt, ist Peggy bereits tot. Sie hat sich erhängt, auf dem Parkplatz, auf dem David einst das Pärchen erschossen hat.

Goran und auch Norah ist klar: Peggy wurde ermordet. Aber wenn David wirklich tot ist, wer steckt dann hinter all dem, wer zieht die Fäden - und warum? Diese Fragen gilt es zu lösen, möglichst schnell, bevor die Clique von einst noch weiter schrumpft. Die Vergangenheit holt die Clique ein und jeder scheint ein eigenes kleines Geheimnis mit sich herumzutragen. Es geht um Freundschaft, Liebe, Leid, Hass und Rache - und das mitten in der Idylle des Thüringer Waldes.

Zugegeben, Waldesroda ist eine Erfindung des Bestsellerautors Linus Geschke für sein Werk "Wenn sie lügt". Den Ort könnte es aber wirklich geben, die ihn umgebenden düsteren Geheimnisse ebenso. Nahezu jeder Ort hier hat seine geheimnisvolle Vergangenheit, egal ob Frauenwald, Ilmenau, Schmiedefeld, Gräfenroda oder das imaginäre Waldesroda. Für den Plot des bei Piper und Hörbuch Hamburg erschienenen Werks ist der Ort die perfekte Umgebung.

Alles hängt mit allem zusammen: Da sind Kinder, die zu Erwachsenen reifen. Da ist Unausgesprochenes, aus dem großes Leid entsteht. Da ist eine alles überschattende Lüge, die das Leben mehrerer Menschen und engster Freunde von einer auf die nächste Sekunde von Grund auf verändert. Manche nennen es Schicksal, manche Zufall, manche einfach nur das Leben. Geschkes Geschichte, die von Tim Gössler einfühlsam und gleichermaßen eindrucksvoll gelesen wird, hätte sich keine bessere Region, keinen besseren Ort wünschen können als Waldesroda. Die Symbiose aus Plot und Dorf findet sich in der Beziehung Norahs und Gorans wieder und befruchtet einander. "Wenn sie lügt" bleibt auch deshalb in den Köpfen.

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