Die deutsche Chemieindustrie hat ihre Hoffnungen auf eine Erholung im laufenden Jahr begraben. Ein Aufschwung werde erst im kommenden Jahr erwartet, so der Branchenverband VCI.
Es herrscht trübe Stimmung bei Deutschlands Chemiefirmen. Für das laufende Jahr schwinden die Hoffnungen, mit einer Besserung wird erst 2026 gerechnet, teilte der Branchenverband VCI mit.
Im ersten Halbjahr ging die Produktion in der chemisch-pharmazeutischen Industrie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Prozent zurück, der Umsatz sank um 0,5 Prozent auf 107 Milliarden Euro.
"Die Lage bleibt angespannt", sagt VCI-Präsident Markus Steilemann. Die Branche produziere rund 15 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2018. Zwar sei die Zahl der rund 480.000 Beschäftigten bislang stabil, doch mehrere Unternehmen hätten bereits Anlagenschließungen und Stellenstreichungen angekündigt.
Sinkende Erlöse erwartet
Der Verband bekräftigte gleichwohl seine Prognose für 2025 und rechnet weiter mit einer stagnierenden Produktion sowie einem Umsatzrückgang von einem Prozent.
Als Hauptgrund für die trüben Aussichten nannte der VCI einen gravierenden Auftragsmangel, über den gut 40 Prozent der Mitgliedsunternehmen klagten. Die Auslastung der Produktionsanlagen liege mit 80 Prozent bereits das dritte Jahr in Folge unter der Rentabilitätsschwelle.
Dabei zeigt sich ein geteiltes Bild: Während die Pharmasparte bei Produktion und Umsatz klar zulegte, musste die reine Chemie deutliche Rückgänge hinnehmen.
Krise kratzt auch an DAX-Unternehmen
Mehrere große Unternehmen der Branche wie BASF, Covestro und Brenntag hatten zuletzt ihre Jahresziele nach unten korrigiert. Sie verwiesen auf die anhaltend schwache Weltkonjunktur, eine verhaltene Nachfrage und Belastungen durch die US-Zollpolitik.
Die von Kritikerinnen und Kritikern befürchtete Deindustrialisierung ist nach Einschätzung des VCI bereits im Gange. Im reinen Chemiegeschäft liege die Produktion sogar 20 Prozent unter dem Niveau von 2018, so Steilemann. Deutschland sei das einzige Land der OECD, dessen Industrie seit 2018 nicht mehr gewachsen sei.
Abwärtsspirale droht
Steigende Insolvenzen und die Verlagerung von Investitionen ins Ausland seien "keine abstrakte Gefahr, sondern mittlerweile Realität geworden". Dies drohe eine Abwärtsspirale aus Auftragsmangel, hohen Kosten und steigenden Importen in Gang zu setzen.
Angesichts der Lage sei man an einem "historischen Wendepunkt" appellierte Steilemann an die Politik: "Entweder machen wir unser Land und unseren Kontinent jetzt endlich zu einer wettbewerbs- und wehrfähigen Größe, oder wir sitzen am Katzentisch der Weltpolitik."
Bürokratie belastet - Hoffnungsschimmer bleibt
Als größtes Hemmnis bezeichnete er die Bürokratie. "Das gefährlichste Investitionshemmnis ist kein geopolitischer Gegner, es ist die wuchernde Bürokratie in unserem Land." Laut ifo-Institut koste diese die deutsche Volkswirtschaft jährlich 146 Milliarden Euro.
Steilemann sieht dennoch Potenzial für eine Wende. Zwei von drei Unternehmen seien bereit, wieder mehr zu investieren, wenn sich die Standortbedingungen verbesserten.
Ein von der Regierungskoalition vorgelegtes Sofortprogramm sei ein erster wichtiger Schritt. Der Verband begrüßte das Ziel der Bundesregierung, Deutschland zum führenden Chemie- und Pharmastandort zu machen und bot die Zusammenarbeit an einem entsprechenden Masterplan an.
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