Erstmals seit August 2024 soll am Morgen wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan starten. Nach Recherchen von MDR und NDR war der Start des Airbus A330 der Qatar Airways vom Flughafen Leipzig/Halle für 7:15 Uhr erwartet worden, verzögerte sich aber zunächst.

Abgeschobene Asylbewerber erreichen in der Nacht zum 18. Juli '25 den Flughafen Leipzig/Halle.Bildrechte: MDR/ Christian Grube

Den Recherchen zufolge war die Maschine extra für die Abschiebung gechartert worden und erst gestern um 16:21 Uhr in Leipzig gelandet. Wie viele Menschen an Bord sind und aus welchen Bundesländern sie stammen, ist bislang nicht bekannt – ebenso, wie viele der Abgeschobenen auch verurteilte Straftäter oder durch die Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuft worden sind. Nach Recherchen der taz haben sich vor dem Flug bis zu 50 Afghanen in Abschiebehaft befunden.

Abschiebungen nach Afghanistan umstritten

Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, da in dem Land Menschenrechtsverletzungen drohen und rechtsstaatliche Verfahren nicht sichergestellt sind. Folglich hatten unter anderem bereits das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Menschenrechtsorganisation PRO ASYL und der Sächsische Flüchtlingsrat Abschiebungen nach Afghanistan als unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem deutschen Grundgesetz bezeichnet.

Zudem hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Anfang Juli Haftbefehle gegen Anführer der militant-islamistischen Taliban erlassen. Grund ist die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan.

Nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan im August 2021 hatte die Bundesrepublik Abschiebungen nach Afghanistan zunächst ausgesetzt. Nach dreijähriger Unterbrechung startete am 30. August 2024 erneut ein Abschiebeflug mit 28 Männern an Bord. Ein laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung bis Februar 2025 angekündigter Abschiebeflug kam offenbar nicht zustande.

Taliban nicht anerkannt

Bis heute heißt es auf der Seite des Auswärtigen Amtes: "Die Bundesregierung erkennt die De-facto-Regierung der Taliban politisch nicht als legitime Regierung Afghanistans an. Die deutsche Botschaft Kabul ist seit dem 15. August 2021 bis auf Weiteres geschlossen." Ob für die nun durchgeführte Abschiebung direkt mit den Taliban verhandelt wurde oder ob die Verhandlungen über eine Vermittler-Partei liefen ist bislang nicht bekannt.

Einer Abschiebung gehen langwierige und umfangreiche Vorbereitungen voraus. Dazu zählen nicht nur gesundheitliche Untersuchungen zur Flugtauglichkeit, Fluggenehmigungen und die Frage, ob Drittstaaten und der rücknehmende Staat kooperieren, sondern auch die Abschiebehaft selbst. Diese darf höchstens sechs Monate andauern: Für drei in Sachsen in Abschiebehaft befindliche Personen läuft diese Frist in dieser Woche aus.

Termin direkt vor Migrationsgipfel

Auffällig ist unterdessen der Termin des aktuellen Fluges: Er fliegt just an dem Tag ab, an dem Bundesinnenminister Dobrindt (CSU) seine Kollegen aus fünf europäischen Nachbarländern öffentlichkeitswirksam zum "Migrationsgipfel" einlädt. Dobrindt geht es um eine Verschärfung der Migrationspolitik in Europa. Erst vor wenigen Tagen hatte Dobrindt zudem gefordert, künftig direkt mit den radikal-islamischen Taliban zu verhandeln, statt dies über den Vermittler Katar zu tun.

MDR(men/pfh)

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