Das Paket zerbeult im Hausflur vorfinden oder gar dem Paketzusteller nachlaufen müssen: Verbraucher haben sich noch nie so häufig über die Deutsche Post und ihre Wettbewerber beschwert wie im ersten Halbjahr 2025.

Die Beschwerden über die Post und ihre Wettbewerber haben einen neuen Höchstwert erreicht. Wie die Bundesnetzagentur auf Anfrage mitteilte, gingen bei ihr im ersten Halbjahr 22.981 Beschwerden zu Postdienstleistungen ein und damit 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum - damals war der bisherige Halbjahres-Höchstwert erreicht worden. 89 Prozent der Beschwerden richten sich gegen den Marktführer Deutsche Post/DHL.

Sollte sich das bisherige Beschwerdetempo fortsetzen, könnte in diesem Jahr der bisherige Jahreshöchstwert von 44.406 aus dem Jahr 2024 gerissen werden. Es geht um verspätete, falsch abgegebene oder beschädigte Sendungen, ob Briefe oder Pakete.

Wenn der Zusteller schon wieder wegfahren will

Ein Beispiel: Der Fall einer Seniorin aus Berlin, die auf einer Nordsee-Insel Urlaub gemacht hatte und sich ihr zu Hause vergessenes Handy per Einschreiben nachsenden ließ. Die Sendungsverfolgung zeigte ihr an, dass das Paket bereits seit einiger Zeit auf der Insel war. Doch an ihr Telefon gelangte sie erst, nachdem sie dem Zusteller auf der Straße nachlief, weil der schon wieder abfahren wollte.

Das Beispiel ist nur ein Einzelfall. Die Summe der Fälle ergibt allerdings ein ernüchterndes Bild. Lange hielten sich die Post-Beschwerdezahlen auf eher niedrigem Niveau, bevor es im Sommer 2022 deutlich nach oben ging. Das Unternehmen versuchte, das Thema zunächst kleinzureden. Schließlich räumte es lokale Probleme ein und begründete diese mit Personalproblemen.

Post: Nur ein kleiner Teil betroffen

Als Reaktion auf die Halbjahreszahlen wies die Post unter anderem darauf hin, dass der Anteil der Beschwerden an den Milliarden an zugestellten Sendungen gering sei. Der Bonner Konzern stellte im vergangenen Jahr in Deutschland 12,2 Milliarden Briefe und 1,8 Milliarden Pakete zu.

Der Firmensprecher räumte ein, dass es im ersten Halbjahr phasenweise Einschränkungen in den betrieblichen Abläufen gegeben habe, etwa die Warnstreiks zu Jahresbeginn und Folgen der Hitzewelle im Juni, als das Arbeitspensum reduziert werden musste. Dies habe an einzelnen Standorten zu Rückständen und Verzögerungen geführt.

Separat zu den kritischen Wortmeldungen bei der Bundesnetzagentur können sich Verbraucherinnen und Verbraucher auch direkt bei der Post melden. Im vergangenen Jahr waren es circa 420.000 Beschwerden.

Gesetz erlaubt längere Zustellzeiten

Auch Änderungen beim Postgesetz sind laut Post eine Ursache für längere Zustellzeiten. Das neue Gesetz ist zu Jahresbeginn in Kraft getreten. Seither hat das Unternehmen bei der Beförderung von Briefen viel weniger Zeitdruck als früher: Mussten vorher die allermeisten Briefe schon nach ein bis zwei Werktagen angekommen sein, so greift so eine Pflicht inzwischen erst am dritten Werktag - die durchschnittliche Wartezeit auf Briefe steigt also.

Dadurch kann die Post Kosten senken und ihr Zustellsystem umstellen. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet das allerdings auch, dass sie im Schnitt häufiger in einen leeren Briefkasten schauen als früher.

Auf die Folgen der Gesetzesänderungen weist auch der Post-Sprecher in seiner Reaktion auf die Beschwerdezahlen hin. Man stelle fest, dass die Änderungen nicht allen Briefkunden bekannt seien und sich daher Kunden mit Fragen an das Unternehmen wendeten.

Kritische Reaktion aus der Politik

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff, der die Postgesetz-Reform mitverhandelt hat, sagte, die Tendenz bei den Beschwerden sei ernstzunehmen.

"Die neuen Regeln bei der Postzustellung müssen sich tatsächlich erst einspielen, allerdings hat die Post durch den Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität bekommen, was sich eigentlich in mehr Zuverlässigkeit auswirken sollte", sagte der Sozialdemokrat. "Das ist die klare Erwartung auch an die Personalplanung der Post."

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