Bei Finanzen stehen Frauen oft schlechter da als Männer, etwa wegen ungleicher Bezahlung und Teilzeitarbeit. Wie Frauen ihre finanzielle Situation mit einer eigenen Strategie verbessern können.
Eigentlich sollte das Geschlecht beim Thema Finanzen keine Rolle spielen - erst recht nicht im 21. Jahrhundert. Doch Statistiken belegen immer wieder, dass das anders ist. Und das fängt schon im Kindesalter an: "Es zeigt sich, dass auch heute noch mit Söhnen mehr über Geld gesprochen wird als mit Töchtern. Das heißt, wir werden als Frauen ganz anders auf diese Lebensrealität vorbereitet", sagt Christine Laudenbach, Verhaltensökonomin an der Goethe-Universität in Frankfurt im ARD-Finanzformat 50k auf YouTube.
Auch im Job und in der Rente setzt sich das fort: Frauen haben in allen Altersklassen andere finanzielle Voraussetzungen als Männer. So zeigt etwa der Gender Pay Gap, dass die Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln und das Geschlecht eng zusammenhängen: 2024 haben Frauen 16 Prozent weniger verdient als Männer - konkret sind das 4,10 Euro weniger pro Stunde, egal in welchem Job und welcher Position. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor.
Und selbst wenn man Branchen, Qualifikationen und Arbeitszeiten angleicht, bleibt immer noch eine Lücke von sechs Prozent, wie der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap zeigt. Konkret heißt das: Selbst mit gleicher Ausbildung und Erfahrung verdienen Frauen im gleichen Job 1,52 Euro pro Stunde weniger als ihre direkten männlichen Kollegen.
Frauen sind seltener Chefinnen
Außerdem arbeiten Frauen seltener in Führungspositionen, dafür öfter in Teilzeit: 2024 haben laut Bundesagentur für Arbeit 50,3 Prozent aller Frauen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, in Teilzeit gearbeitet. Etwa, weil es für Mütter, die sich neben der Arbeit auch um Haushalt und Kinder kümmern müssen, kein anderes passendes Arbeitsmodell gibt.
Und gleichzeitig leisten Frauen im Jahr 72 Milliarden Stunden unbezahlte Care-Arbeit in Deutschland, wie aus einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hervorgeht.
In der Rente weniger Geld
All das führt dazu, dass Frauen weniger Beiträge in die Rentenkasse einzahlen, wodurch sie auch weniger Rentenpunkte sammeln. Daraus ergibt sich dann der Gender Pension Gap: Rund ein Viertel weniger landet im Alter im Geldbeutel von Frauen.
Und gleichzeitig leben Frauen länger. "Die höhere Lebenserwartung bei Frauen klingt erst mal nicht unbedingt nach etwas Schlechtem. Allerdings bedeutet das natürlich auch, dass ich mich länger finanzieren muss - ich brauche für einen längeren Zeitraum Geld", betont Verhaltensökonomin Laudenbach. Doch weil viele Frauen weniger in die gesetzliche Rente einzahlen und durch einen geringeren Verdienst auch weniger Geld zur privaten Vorsorge haben, droht im schlimmsten Fall Altersarmut. Jede fünfte Frau über 65 gilt in Deutschland als armutsgefährdet, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen.
Expertin Laudenbach zieht daraus vor allem eine Schlussfolgerung: "Aus all diesen Gründen ergibt sich, dass Frauen eine andere Finanzplanung brauchen als Männer." Man müsse sich der anderen Lebensumstände, die man als Frau hat, bewusst werden und darauf reagieren.
Vertrauen ins eigene Können gering
Für viele Frauen scheint der Schritt dahin, die eigenen Finanzen aktiv in die Hand zu nehmen, allerdings kompliziert: Laut der OECD-Bestandsaufnahme zur Finanzbildung in Deutschland von 2024 haben Frauen im Schnitt weniger Finanzwissen als Männer - vor allem bei komplexeren Themen wie Zinseszinsrechnung und Risiko-Rendite-Verständnis.
Was die Studie auch zeigt: Frauen kreuzten öfter die Antwort "Ich weiß nicht" an. Und das zeigt, dass ihnen nicht nur Wissen fehlt, sondern auch das Vertrauen ins eigene Können. Das belegen neben der OECD-Erhebung auch andere Studien, etwa die von Verivox. Die kam zu dem Ergebnis, dass sich fast jede zweite Frau in Deutschland bei Finanzthemen unsicher fühlt. Nur 52 Prozent der Frauen mittleren Alters geben an, sich "eher" oder "vollkommen" mit Finanzen auszukennen - bei den Männern sind es 73 Prozent.
Strategisch an die eigene Finanzplanung
Dabei wäre es gerade für Frauen wichtig, sich strategisch mit dem Thema Finanzen auseinanderzusetzen. Dazu sollten sie sich zuerst einen konkreten Überblick über die eigenen Finanzen verschaffen, etwa mit einem Haushaltsbuch. Hier werden alle Ausgaben aufgelistet, neben den Fixkosten auch das Geld, das für Essen, Shopping oder Hobbys ausgegeben wird.
Anschließend sollte man sich eine konkrete Sparrate festlegen - und zwar eine, die mit aktuellen Nettoeinkommen und den Ausgaben auch realistisch eingehalten werden kann. Auch die Frage, wie lange eine Frau noch bis zur Rente vorsorgen kann, sollte dabei geklärt werden, ebenso wie die Höhe der Rentenlücke. Die sollte man berechnen, um herauszufinden, wie viel Geld im Alter fehlt. Anschließend gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man vorsorgen kann - etwa mit einem ETF-Sparplan.
"Wenn ich einen langfristigen Anlagehorizont habe, dann muss ich noch herausfinden, wie viel meines Geldes möchte ich denn am Kapitalmarkt anlegen", so Expertin Laudenbach. Dazu sollten Frauen sich auch mit dem eigenen Risikoprofil auseinandersetzen. Oft lassen sich Sparpläne schon mit geringen Summen auflegen.
Früh anfangen lohnt sich
Expertin Laudenbach betont im ARD-Finanzformat 50k außerdem: "Grundsätzlich ist es so, dass gestern anfangen besser ist als übermorgen." Gerade weil man als Frau ein höheres Endvermögen brauche, um die in der Regel höhere Rentenlücke zu schließen, sollte man sich so früh wie möglich mit dem Thema Finanzen auseinandersetzen.
Und Studien zeigen übrigens auch: Wenn Frauen an der Börse investieren, dann sind sie damit im Schnitt erfolgreicher als Männer. So geht aus einer ING-Erhebung etwa hervor, dass Frauen 2023 eine um 0,5 Prozentpunkte bessere Portfolio-Performance hatten als Männer. "Frauen sind weniger impulsiv, sie traden weniger. Das ist einer der Gründe, warum Frauen im Schnitt eine bessere Rendite erzielen", so Expertin Laudenbauch. Somit gilt die Börsenweisheit "Hin und Her, Tasche leer" für Frauen eher weniger.
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