Trotz Mehrwegangebotspflicht bleibt Verpackungsmüll im öffentlichen Raum ein Problem. Die Bundesregierung steht unter Druck, EU-Vorgaben umzusetzen. Dabei gibt es vielversprechende Lösungsansätze.

Einwegverpackungen, Pizzakartons, massenhaft Kaffeebecher - öffentliche Mülleimer quellen über. Dabei sollte es diese Art von Abfall eigentlich immer weniger geben. Denn seit 2023 gilt die sogenannte Mehrwegangebotspflicht, die zu mehr Mehrweg- und weniger Einwegverpackungen führen sollte.

Gastronomiebetriebe wie zum Beispiel Yorma's am Berliner Alexanderplatz müssen seitdem Mehrweg-Geschirr anbieten. Der Kunde kann dann entscheiden, was er will: Einweg oder das umweltfreundlichere Mehrweg, für das hier ein Euro Pfand anfällt.

Nur wenige Kunden nutzen Mehrweg

Das Problem: Die meisten Kunden greifen zu Einweg, obwohl für die Mehrwegbecher auffällig geworben wird. Da kommt einiges zusammen: In den mehr als 50 Läden, die Yorma's bundesweit betreibt, wandern an die 40.000 Kaffeebecher über die Theke - pro Tag. Laut Unternehmen nutzen weniger als ein Prozent der Kunden die Mehrwegvariante.

Während die einen Läden ein eigenes Pfandsystem nutzen, setzen andere auf gemeinschaftliche Lösungen, so genannte Poolsysteme. Für Kunden ist das oft unübersichtlich.

Mehrweg bei Fastfood im Test

Auch Fastfood-Ketten müssen laut Gesetz Mehrwegbecher anbieten. Wer das möchte, sollte zum Beispiel seine Cola im Mehrwegbecher bekommen können. Das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus hat das stichprobenartig überprüft. Bei McDonald’s bekamen die Reporter auf Anfrage meistens eine Mehrweg-Alternative.

Bei Burger King forderten sie zwar ebenfalls wiederholt einen Mehrwegbecher - bekamen aber keinen. Burger King erklärt dazu, man könne nicht nachvollziehen, warum bei der nicht repräsentativen Stichprobe keine Mehrwegbecher verfügbar waren. Burger King nutze ein großes Poolsystem für Mehrwegbecher. Diese könnten die Kunden in vielen Restaurants und Gastronomiebetrieben in ganz Deutschland zurückgeben.

Städte beklagen Einweg-Verpackungsmüll

Die Bundesregierung steht immer mehr unter Druck. Denn eine EU-Verordnung schreibt allen Mitgliedsstaaten verbindlich vor, weniger Verpackungsmüll zu produzieren. Hält Deutschland sich nicht an die Regeln, kann die EU Sanktionen verhängen. Doch schon jetzt klaffen Theorie und Praxis weit auseinander, wie eine Umfrage von Plusminus unter deutschen Städten zeigt.

Aus Frankfurt am Main heißt es, Einweg-Verpackungen machen immer noch rund 50 Prozent des Mülls in Papierkörben und auf Grünflächen aus. München meldet, dass 190.000 Einwegbecher täglich die Stadt vermüllen. Berlin teilt mit, die Mehrwegangebotspflicht habe ihr Ziel bislang klar verfehlt.

Wie Mehrweg attraktiver werden kann

Trotz allem gibt es erfolgversprechende Ansätze. So läuft etwa in mehr als 3.000 REWE-Filialen die "Einfach Mehrweg"-Initiative. Das heißt: Den Salat von der Salatbar oder die Ware aus der Frischetheke bekommt der Kunde auf Wunsch im Mehrweg-Behälter. Die Rückgabe erfolgt am Pfandautomaten, an dem man auch Getränkeflaschen zurückgeben kann. Inzwischen machen auch andere Supermarktketten und viele Tankstellen mit.

In Aarhus in Dänemark gibt es ein Pfandsystem, das die Stadt zusammen mit Händlern und Gastronomen eingeführt hat. 70 Cent Pfand zahlt man für einen Becher und kann ihn dann überall wieder zurückgeben - rund um die Uhr, an 25 Automaten im ganzen Stadtgebiet.

Tübingen in Baden-Württemberg versucht es mit der bei Gastronomiebetrieben umstrittenen Verpackungssteuer. 50 Cent zahlen Kunden für Einwegbecher oder -schalen. Da greifen viele lieber zu Mehrweg. Der Verpackungsmüll sei deutlich weniger geworden, Mülleimer in der Stadt würden nicht mehr überquellen, heißt es von der Stabsstelle Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Tübingen.

EU-Vorgaben erhöhen den Druck

Gegenüber Plusminus räumt das Umweltministerium ein, dass trotz Mehrwegangebotspflicht deutlich zu viel Müll durch Einwegverpackungen entsteht. "Das Bundesumweltministerium (BMUKN) überarbeitet das nationale Verpackungsrecht derzeit (…)", heißt es auf Plusminus-Anfrage aus dem Ministerium.

Die Bundesrepublik soll die EU-Vorgaben zur Reduzierung von Verpackungsmüll ab dem 12. August 2026 verbindlich umsetzen. Erste Reduktionsziele müssen die Mitgliedsstaaten bereits bis zum Jahr 2030 erreichen: fünf Prozent weniger Verpackungsabfälle gegenüber 2018. Nun ist die Bundesregierung am Zug, damit Mehrweg endlich ein Erfolg und der Verpackungsmüll weniger wird.

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