Deutschlands Exporte in die USA sind wegen der Zollpolitik von US-Präsident Trump im Juni weiter gesunken. Trotzdem sind die gesamten Ausfuhren von Waren "Made in Germany" gewachsen - dank der Nachfrage aus China und der EU.

Die deutschen Exporte sind im Juni trotz eines erneut schrumpfenden US-Geschäfts überraschend kräftig gestiegen. Sie wuchsen um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 130,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Die steigende Nachfrage aus der EU und China machte dabei das schwächelnde US-Geschäft mehr als wett.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. Im gesamten ersten Halbjahr nahmen die Ausfuhren um 0,6 Prozent auf 785,6 Milliarden Euro zu.

"Unklarheit ist Gift"

Die meisten Ausfuhren gingen den Angaben zufolge im Juni zwar erneut in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden aber nur noch deutsche Waren im Wert von 11,8 Milliarden Euro verkauft, ein Minus von 2,1 Prozent zum Vormonat. "Das war der dritte Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit Februar 2022", fanden die Statistiker heraus. Wegen höherer Zölle sind viele Exporte vorgezogen worden, nun fehlt diese Nachfrage.

Verglichen mit dem Juni 2024 nahmen die deutschen Ausfuhren in die USA kalender- und saisonbereinigt sogar um 8,4 Prozent ab. Seit dem heutigen Donnerstag gelten zudem für EU-Exporte in die USA Zölle von 15 Prozent, davor lag der Basissatz bei zehn Prozent - vor Trumps Amtsantritt im Januar sogar nur im unteren einstelligen Bereich. "Die Anhebung des US-Basiszollsatzes auf 15 Prozent verschärft die Situation für viele international tätige deutsche Unternehmen deutlich", sagte die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov.

Die neue Zollregelung sei zudem Teil eines Deals, dessen Details nach wie vor nicht ausverhandelt sind. "Diese Unklarheit ist Gift für Planungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit", so Melnikov. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet auch deshalb mit einer wahrscheinlich langfristigen Schwäche des US-Geschäfts: "So dürften die höheren Zölle die preisbereinigten Exporte in die USA in den kommenden zwei Jahren um schätzungsweise 20 bis 25 Prozent fallen lassen."

Nachfrage aus China und EU steigt

An zweiter Stelle folgte China - dorthin gingen Waren im Wert von 6,9 Milliarden Euro, ein Plus im Vergleich zum Mai um 1,1 Prozent. Die Ausfuhren nach Großbritannien stiegen leicht um 0,4 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro. Insgesamt lag der Wert der deutschen Exporte in Drittstaaten im Juni bei 57,5 Milliarden Euro.

In die Mitgliedstaaten der EU führten deutsche Unternehmen im Juni Waren im Wert von 73,0 Milliarden Euro aus. Insgesamt erreichte der Wert der Ausfuhren im Juni so 130,5 Milliarden Euro, das waren 0,8 Prozent mehr als im Mai und 2,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. 

Auch die Importe nahmen im Juni kräftig zu. Sie wuchsen um 4,2 Prozent zum Vormonat auf 115,6 Milliarden Euro. Analysten hatten hier nur ein Wachstum von 1,0 Prozent vorausgesagt. Zunehmende Einfuhren können ein Signal für eine anziehende Binnennachfrage sein. Die meisten Importe kamen wie üblich aus China, ihr Wert lag bei 14,6 Milliarden Euro, das waren 5,8 Prozent mehr als im Mai. 

Deutsche Industrieproduktion schwächelt

Unterdessen bleibt auch die Lage in der Industrie in Deutschland angespannt: Im Juni ist die Produktion überraschend stark gesunken. In den Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes ging die Fertigung im Monatsvergleich um 1,9 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt ebenfalls mitteilte. Damit erreichte die Produktion den niedrigsten Stand seit Mai 2020, als die Produktion infolge der Corona-Pandemie eingebrochen war.

Darüber hinaus war die Fertigung auch im Mai unerwartet schwach ausgefallen. Das Bundesamt revidierte die Daten nach unten. Danach wurde 0,1 Prozent weniger produziert, nachdem zuvor ein Anstieg um 1,2 Prozent gemeldet worden war. "Die außergewöhnlich hohe Revision ist auf Korrekturmeldungen einiger Betriebe aus der Automobilindustrie zurückzuführen", erklärte das Bundesamt.

"Die schwache Entwicklung der Industrieproduktion im zweiten Quartal dürfte teilweise Ausdruck einer Gegenbewegung zu den Vorzieheffekten im Zusammenhang mit den angekündigten Zollerhöhungen sein", hieß es vom Bundeswirtschaftsministerium. Wegen der US-Zölle seien "auch zu Beginn des dritten Quartals keine Impulse für einen dauerhaften Aufschwung der Industriekonjunktur absehbar". Am Vortag war bereits der Auftragseingang enttäuschend ausgefallen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.