• Kein Geld für Teilhabe und Mehrbedarfe
  • Statt Jobcenter Sozialämter zuständig
  • Studien sehen kaum Ersparnisse
  • Beschäftigungsrate mit Neuregelung nicht besser

Seit dem Stichtag – dem 1. April dieses Jahres – sind nach Angaben von Jan Witza von der Diakonie Sachsen rund 21.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sie sollen nur noch Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen. Das heißt, sie erhalten bis zu 120 Euro weniger im Monat. Aber auch andere Leistungen fallen weg.

Kein Geld für Teilhabe und Mehrbedarfe

Es gebe dann unter anderem kein Geld mehr für Teilhabe – also etwa für Schulbedarf oder Vereinsbeiträge, erklärt Witza. Auch sogenannte Mehrbedarfe seien nicht abgedeckt: "Also Bürgergeldempfängerinnen, die schwanger werden, oder Alleinerziehende, Menschen mit einer Behinderung oder die eine besondere Ernährung brauchen aufgrund einer Autoimmunerkrankung oder sonstigem, die können hier nach der gesetzlichen Grundlage Mehrbedarfe in Anspruch nehmen." Außerdem sei eine Erstausstattung für eine Wohnung oder für ein Neugeborenes dann nicht mehr garantiert. Wohn- oder Heizkosten würden jedoch weiterhin übernommen, so Witza.

Statt Jobcenter Sozialämter zuständig

Wenn die Menschen aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr bekommen, ändert sich auch die Zuständigkeit: Statt der Jobcenter – und damit dem Bund – sind dann die Sozialämter der Kommunen zuständig. Die Bundesregierung hat allerdings zugesagt, die Kosten zu übernehmen, die bisher das Bundesarbeitsministerium getragen hat, betont Marc Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Er erwarte, dass die Kommunen nur die Mehrkosten für die Gesundheitsversorgung übernehmen müssen, sagt Elxnat: "Menschen im Bürgergeldbezug sind ja in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Und Menschen, die [Gesundheitsleistungen] nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, erhalten nur eine Basisgesundheitsversorgung bei akuten Erkrankungen, Schmerzzuständen, Schwangerschaft, Mutterschutz." Das dürfte der größte Unterschied in der praktischen Handhabung sein, "dass da die Kommunen durchaus nochmal belastet werden könnten", sagt Elxnat.

Dennoch begrüße der Städte- und Gemeindebund die Initiative grundsätzlich. Es sei das vorgesehene Verfahren für Asylsuchende und aktuell seien die Kommunen damit auch nicht überlastet. Finanziell mache es aber keinen großen Unterschied.

Studien sehen kaum Ersparnisse

Fragt man die Wissenschaft, ist das keine sonderlich neue Erkenntnis. Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung konnte das bereits in Studien belegen, sagt sie: "In der Forschung sehen wir da auch kaum Ersparnisse." Es würden pro Person etwa 100 Euro gespart. "Aber dadurch, dass Menschen aus den Förderstrukturen vom Jobcenter rausgehen, reduziert sich die Beschäftigungswahrscheinlichkeit."

Am Ende sei die Arbeitsmarkt-Integration schlechter und dadurch würden zusätzliche Kosten entstehen, "wodurch wir dann auf Nullsumme gehen", erklärt Kosyakova. Menschen im Bürgergeld würden sich deutlich einfacher in Arbeit bringen lassen, sagt die Forscherin. Mittel wie die Anerkennung von Abschlüssen, Sprachkurse oder Aus- und Weiterbildung habe nämlich nur das Jobcenter.

Beschäftigungsrate mit Neuregelung nicht besser

Dass mit rund einem Drittel noch zu wenige Ukraine-Flüchtlinge in Arbeit seien, könne man durchaus kritisieren, sagt die Präsidentin des Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa. Das werde durch die Änderung aber nicht besser: "Die Wahrheit ist, das Geld muss an anderer Stelle ausgegeben werden. Die öffentlichen Hände sparen schon in den Transferzahlungen sehr wenig und sie müssen Zusatzausgaben für Verwaltung, für Bürokratie tätigen. [...] Also der Vorschlag ist eine Milchmädchenrechnung."

Und die Caritas-Präsidentin ergänzt: Das Vorhaben widerspreche sogar dem Ziel der Bundesregierung, mehr Menschen aus der Ukraine in Arbeit zu bringen.

MDR

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