Das Pestel-Institut schaltet sich in die Debatte über Lebensarbeitszeit ein und macht einen radikalen Vorschlag. Beamte sollen künftig fünfeinhalb Jahre länger arbeiten als Arbeiter, weil sie im Schnitt so viel länger leben. Außerdem sprechen sich die Wissenschaftler dafür aus, Geringverdiener bei der Höhe der Rentenbezüge deutlich besserzustellen. Darüber berichtet der „Spiegel“.
In einer Untersuchung bringen Ökonomen des Instituts demnach die unterschiedliche Lebenserwartung der Menschen ins Spiel, um das Rentensystem gerechter zu machen. „Wer weniger verdient, lebt statistisch auch kürzer. Überdurchschnittlich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeiter erreichen die Rente nicht einmal, weil sie früher sterben“, sagte Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts.
Umgekehrt würden die, die mehr verdienten – gewissermaßen proportional zu ihrem Einkommen – statistisch auch deutlich älter. „Sie bekommen also eine höhere Rente oder Pension – und das auch noch wesentlich länger. Menschen mit geringen Einkommen dagegen müssen mit einer deutlich niedrigeren Rente klarkommen, von der sie außerdem deutlich kürzer überhaupt etwas haben“, sagte Günther.
Tatsächlich haben männliche Beamte im Schnitt ab dem 65. Lebensjahr eine Lebenserwartung von weiteren 21,5 Jahren, wie eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2021 zeigt. Bei männlichen Arbeitern sind es nur 15,9 Jahre – ein Unterschied von etwa fünfeinhalb Jahren.
Zwischen männlichen Angestellten und Beamten beträgt der Unterschied gut zwei Jahre. Ein hoher Abstand zeigt sich auch bei der Höhe der Einkommen: Männliche Spitzenverdiener haben eine um 6,3 Jahre höhere Lebenserwartung als Geringverdiener. Ökonomen führen das unter anderem darauf zurück, dass wohlhabendere Menschen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung haben und seltener schwere körperliche Arbeiten verrichten.
Diese Aspekte würden in der bisherigen Rentendiskussion kaum oder gar nicht berücksichtigt, so die Kritik Günthers. Das derzeitige System führe zu großer Ungerechtigkeit. Man könnte das Problem aber auch lösen, ohne dass Beamte länger arbeiten müssten. Dem Ökonomen zufolge würde eine „soziale Staffelung“ schon reichen: Die Renten von Geringverdienern müssen angehoben werden. Umgekehrt wäre bei Besserverdienern eine „soziale Dämpfung“ der Rentenhöhe vertretbar.
Heftige Debatte um Rente in Deutschland
Zur Sicherung der Rentenkassen hatte SPD-Chefin Bärbel Bas im Juni vorgeschlagen, künftig auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Der Plan stieß bei der Union auf heftige Kritik.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wiederum regte im Juli an, die Zahl der Beamten deutlich zu senken. „Ich möchte nur eins: Dass wir nur noch dort verbeamten, wo es wirklich hoheitliche Aufgaben gibt – aber dann ist irgendwann gut“, erklärte der CDU-Politiker beim „Tag des Handwerks“ in Paderborn.
Auch eine Mehrheit der Deutschen will einer Insa-Umfrage zufolge weniger Beamte und fordert auch niedrigere Pensionen.
Im Jahr 2024 betrug das durchschnittliche Ruhegehalt von Pensionären im öffentlichen Dienst 3240 Euro brutto. Die durchschnittliche Rente nach 35 Versicherungsjahren liegt in Deutschland bei 1623 Euro brutto.
Das Pestel-Institut in Hannover befasst sich eigenen Angaben zufolge mit der Simulation von Zukunftsszenarien – vor allem in den Bereichen Immobilien, Demographie und Altersvorsorge.
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