Die Grünen suchen nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl noch ihre Rolle in der Opposition. Doch auch intern muss sich die Ex-Regierungspartei neu aufstellen. Aus aktuell 150 Mitarbeitern in der Bundesgeschäftsstelle sollen zum Jahreswechsel 120 werden. Zu Spitzenzeiten des Wahlkampfs waren es etwa 190.
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, rief der Bundesvorstand am 23. Juli während der Sommerpause in seiner Parteizentrale in Berlin-Mitte zu einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung. Dann wurde dem versammelten Personal verkündet, dass zahlreiche befristete Verträge in der Bundesgeschäftsstelle nicht verlängert werden. Sogar noch härtere Einschnitte waren offenbar denkbar. Der nun angestrebte Personalabbau sei noch die beste Option.
„Wir müssen sparen“, soll Grünen-Chef Felix Banaszak in der Versammlung gesagt haben. Ein um einen Prozentpunkt gesunkenes Wahlergebnis lässt das Budget einer Partei in etwa um eine Million Euro schrumpfen. Bei der Europawahl 2024 kamen die Grünen auf 11,9 Prozent (2019: 20,5 Prozent). Bei der Bundestagswahl waren es 11,6 Prozent (2021: 14,8 Prozent).
Die Stimmung soll während der Versammlung aufgeheizt gewesen sein. „Das ist ein Fuck-up-Scheiß-Tag“, wird Schatzmeisterin Manuela Rottmann zitiert. Eine betroffene Mitarbeiterin soll vom „Untergang der Partei“ gesprochen haben, andere nannten das Vorgehen des Vorstands demnach „intransparent, unehrlich und in Teilen schlicht verlogen“. Seit der Verkündung ist der Unmut in der Grünen-Zentrale offenbar groß – es habe überdurchschnittlich viele Krankmeldungen gegeben.
Vor allem die Kommunikation der Parteivorsitzenden in den vergangenen Monaten stößt den enttäuschten Mitarbeitern sauer auf. So sei nach der verlorenen Bundestagswahl nicht klar vermittelt worden, dass es für die meisten befristet Angestellten keine Zukunft mehr in der Bundesgeschäftsstelle gibt. Vielmehr sei die Personalplanung als Prozess dargestellt worden.
Dabei ist es bei den Parteien üblich, vor Wahlkämpfen – häufig befristet – Personal aufzubauen, das im Anschluss wieder gehen muss – vor allem dann, wenn die Ergebnisse schlechter ausfallen als in der vorangegangenen Wahl. Da nach der Europawahl die Bundestagswahl nicht weit weg war, blieb die Geschäftsstelle der Grünen weiter in erweiterter Personalbesetzung.
Die meisten Verträge wurden laut „Handelsblatt“ bis Ende 2025 befristet. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Ausscheiden aus der Regierung stand die Frage nach dem personellen Umbruch nun früher auf der Agenda der Grünen.
„Ein Wahlkampf zur Bundestagswahl erfordert erhebliche personelle Kapazitäten, das trifft erst recht auf eine vorgezogene Neuwahl zu“, erklärt eine Grünen-Sprecherin auf WELT-Anfrage. „Es ist üblich, nach der Wahl eine auf das Ergebnis abgestimmte Aufstellung der Organisation vorzunehmen.
Verschiedene Aufgabenbereiche entfallen oder treten hinzu, sodass die Veränderungen auch das Personal der Bundesgeschäftsstelle betreffen.“ Zu Details der Personalpolitik äußere sich die Partei auf WELT-Anfrage grundsätzlich nicht.
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