Er suchte stets die öffentliche Debatte – insbesondere mit jungen Menschen. Am Mittwoch ist Charlie Kirk bei einer ebensolchen an der Utah Valley Universität einem Attentat zum Opfer gefallen. Regelmäßig hatte der rechtskonservativem, christliche Aktivist Universitäten besucht, um sich mit Studenten auszutauschen. Selbst aus Übersee hatten ihn Einladungen erreicht. Die Oxford Union, ein studentischer Debattierclub der namensgebenden Stadt, hatte ihn etwa im Mai zu Gast.

Auszüge aus seinen Diskussionen teilte der Trump-Unterstützer auszugsweise auf seinen Social-Media-Kanälen oder in voller Länge mit seinen vier Millionen YouTube-Abonnenten. Ein Blick zurück auf seine Positionen – und wie er sie öffentlich vertrat.

Haltung zu Israel

Charlie Kirk galt als großer Unterstützer Israels. Nicht zuletzt der Post, mit dem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen Tod kommentierte, dürfte Beleg davon sein. In einem viel beachteten Auftritt in Cambridge legte sich der Aktivist mit einem Studenten an, der es als „moralische Wahrheit“ bezeichnete, die Hamas als ebenso „böse“ anzusehen wie die israelische Regierung.

„Es war auch eine moralische Wahrheit, dass der Krieg begann, weil 1300 Juden getötet und 200 als Geiseln genommen wurden“, hielt Kirk leidenschaftlich dagegen. „Und wenn man Israel den Krieg erklärt, muss man mit einem Feuersturm rechnen.“

„In einem Land, in dem sie am 6. Oktober in relativem Frieden lebten, hatten wir plötzlich einen Krieg – und die Hamas hat ihn begonnen“, führte er pointiert aus. „Eine tragische Wahrheit des Krieges ist, dass Zivilisten sterben. Ich mag das nicht und du magst es nicht. Sie haben es sich selbst eingebrockt.“ Als der Student ihm vorwarf, in der Angelegenheit wie ein Kind zu argumentieren, endete Kirk: „Ein Kind weiß, dass Israel der Gute und die Hamas böse ist. Es ist viel weiser als ein Student wie Sie an der Universität Cambridge.“

Zur Rolle der Frau

Außerdem trat Kirk selbst als christlich-fundamentalistischer Influencer in Erscheinung, der postulierte, dass es nur mit einer christlichen Bevölkerung Freiheit geben könne. Ein „biblisches Modell“ schwebte Kirk auch in Bezug auf Frauen vor. Statt „Beta-Männer“ sollten sie sich einen Beschützer suchen. Im Zuge einer Debatte konkretisierte der Aktivist seine Vorstellungen von der weiblichen Rolle. Der „moderne Feminismus“ sei eine „der schlimmsten Ideen jemals“. Ausgehend von der Frauenbewegung in den 1960er-Jahren habe er für eine erhöhe Suizidrate, einer geringeren Fruchtbarkeit und weniger Ehen gesorgt.

Bei der Cambridge-Debatte traf Kirk auf eine Studentin, die sich auf seine Argumente umfassend vorbereitet hatte. Ob sie glaube, Frauen seien heute glücklicher als vor 40 Jahren, fragte er sie.

Frauen berichteten „nicht deshalb über mehr Stress und Unzufriedenheit, weil sie mehr Rechte hätten oder wegen des Feminismus“, erklärte sie, „sondern weil sie unter dem doppelten Druck stehen, sowohl beruflich hervorragende Leistungen zu erbringen, als auch die Hausarbeit zu erledigen, die oft an überholten Erwartungen ausgerichtet ist.“

Was er als „Unzufriedenheit“ bezeichne, sei tatsächlich „Sichtbarkeit, denn heute hören wir Frauen Unzufriedenheit ausdrücken, während wir sie in den 1950er-Jahren mit Valium behandelten und sie lobotomisierten.“

Dass er zumindest überrascht gewesen sein dürfte, wird daran deutlich, dass sich Kirk in Ironie flüchtete. „Ich wusste gar nicht, dass sich Frauen vor 50 Jahren nicht beschwert haben. Das ist lustig.“ Er blieb bei seinem Hauptargument, dass Frauen früher glücklicher gewesen seien, was seine Kontrahentin geschickt konterte. „Ich denke nicht, dass Lächeln pro Kopf eine überzeugende Methode ist, um zu messen, ob Frauen zu mehr Autonomie ermutigt werden sollten.“

Recht auf Waffenbesitz

Wiederkehrend wurde Kirk zu seiner Haltung zum Schusswaffenbesitz befragt, auch am Tag seiner Ermordung. Bei einer Podiumsdiskussion bezeichnete er sich im April 2023 als „großen Fan“ des zweiten Zusatzartikels zu US-Verfassung, der das Recht sichert, uneingeschränkt Waffen besitzen und tragen zu dürfen. Es gehe bei dem Artikel weder um die Jagd noch um Selbstverteidigung, erklärte er dort, sondern um es den US-Bürgern zu ermöglichen, sich gegen eine „tyrannische Regierung“ zu verteidigen. Dafür erntete er viel Applaus vom Auditorium.

Zwar hob er die Bedeutung hervor, seine „gottgegebenen Rechte“ per Schusswaffen schützen zu können, gab sich zugleich aber keinen Illusionen hin, was dies im Umkehrschluss bedeutet. „Wir müssen der Bevölkerung gegenüber ehrlich sein. Eine bewaffnete Bevölkerung hat ihren Preis. Das ist Teil der Freiheit“, erklärte er. Kirk zog einen Vergleich zu Verkehrsunfällen, die jährlich 50.000 Todesopfer forderten. „Aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Vorteile des Autofahrens – Geschwindigkeit, Erreichbarkeit, Mobilität, Produkte und Dienstleistungen – die Kosten von 50.000 Menschen wert sind, die auf der Straße sterben.“

Schusswaffentote ließen sich reduzieren, etwa durch eine erhöhte Anzahl von Wachen vor Schulen oder Vätern, die in ihren Familien anwesend seien, aber niemals aus der Welt schaffen. „Die Zahl der Todesfälle durch Schusswaffen wird nicht auf null sinken. Das wird nicht passieren“, insistierte er damals. „Das ist Unsinn. Aber ich denke, es lohnt sich. Ich denke, es lohnt sich, die Kosten dafür zu tragen.“

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