Kommt der „Herbst der Reformen“, den Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch in der Generaldebatte im Bundestag erneut versprochen hat? Angekündigt sind neben einem Gesetzentwurf zum Bürgergeld unter anderem Reformen im Gesundheits- und Pflegebereich. Sie gelten als Auftakt für einen Reformzyklus, der sich laut Merz über „Herbst, Winter, Frühling und Sommer“ erstrecken werde.

Einfach wird das Vorhaben angesichts der Unstimmigkeiten innerhalb der schwarz-roten Koalition sowie der Mehrheitsverhältnisse im Parlament nicht, wie sich am Mittwochabend im ARD-Talk „Maischberger“ erneut zeigte. In der Sendung diskutierten Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen, und Gitta Connemann (CDU), Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium über notwendige Weichenstellungen in der Energiepolitik. Als politische Kommentatoren zu Gast: die Moderatorin Petra Gerster, Kolumnist Hans-Ulrich Jörges, die RND-Journalistin Kristina Dunz sowie der Sicherheitsexperte Peter Neumann.

Während CDU-Politikerin Connemann dem ehemaligen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der Vorgängerregierung einen „ungesteuerten Ausbau der Erneuerbaren“ vorwarf, verteidigte Dröge die Politik ihres Parteikollegen und attackierte die aktuelle Linie der Regierung als „Herbst des Klimazerstörens“.

Das ließ Connemann nicht gelten: „Sie haben drei Jahre lang nicht versucht, die Stromsteuer zu senken“, warf sie Dröge vor. Die Folge sei, dass „der Strom in Deutschland heute der teuerste in Europa“ sei und das Land an Wettbewerbsfähigkeit verliere. „Wir hatten einen ungesteuerten Ausbau der erneuerbaren Energien – ohne Strategie und ohne Back-up. Das ändern wir jetzt, indem wir mehr Realismus in die Energiewende holen“, sagte die CDU-Politikerin.

Dröge konterte: „Robert Habeck hat die Energiepreise wieder gesenkt, weil er die Versorgung gesichert hat.“ Verantwortlich für die Abhängigkeit von russischer Energie sei vielmehr die CDU gewesen. Eine Konzentration auf die Erneuerbaren Energien sei der richtige Weg. „Wenn wir die Erneuerbaren ausbauen, kann der Strompreis um ein Viertel sinken“, glaubt die Grünen-Politikerin.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind die Pläne von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Sie hatte jüngst eine Neuausrichtung der Energiewende angekündigt. Der Weg aus den fossilen Energien solle effizienter und kostengünstiger gestaltet werden, ohne die Klimaziele zu gefährden. Kernpunkte sind der Bau wasserstofftauglicher Gaskraftwerke sowie Investitionen in Speichertechnologien und der Bundeszuschuss zu den Netzentgelten.

Dröge kritisierte Reiches Kurs scharf: „Sie setzt auf teures Gas. Das wird dazu führen, dass die Preise steigen.“ Zudem gefährde dies die Versorgungssicherheit Deutschlands. Connemann hielt dagegen: „Wir haben eine Kraftwerkstrategie, die übrigens basiert auf eine Kraftwerkstrategie von Robert Habeck, der natürlich erkannt hat, dass wir Versorgungssicherheit wieder herstellen müssen und dafür grundlastfähige Energie brauchen.“

Dem Ex-Wirtschaftsminister wie auch der Ampel-Koalition insgesamt bescheinigte die CDU-Politikerin eine desaströse Bilanz. „Seine Bilanz waren drei verlorene Jahre für Deutschland, drei Jahre Rezession. Es habe „höchste Insolvenzen“ gegeben und auch außenpolitisch sei Deutschland „in der Bedeutungslosigkeit“ versunken und habe sich zum „Schlusslicht in Europa wie in der Welt“ entwickelt. „Das ist keine Bilanz, die man vergessen sollte, forderte Connemann.

„Man löst dieses Problem nur, wenn die Politik wieder handlungsfähig wird“

Ein zweites Schwerpunktthema der Sendung war die Ermordung des US-Aktivisten und Trump-Vertrauten Charlie Kirk in der vergangenen Woche in Utah. Terrorismusexperte Peter Neumann bewertete die Situation auch vor dem Hintergrund des Aufstiegs rechtspopulistischer Parteien in Europa und warnte: „Das Weiße Haus macht keinen Hehl daraus, dass es die AfD gerne in der deutschen Regierung sehen würde.“ Man glaube im Weißen Haus, „dass das, was in Amerika passiert, sozusagen die Vorhut ist für die gesamte westliche Welt – dass es überall in Europa zu ähnlichen ‚Revolutionen‘ kommen wird“.

Neumann beschrieb in drei Schritten, wie Rechtspopulisten seiner Einschätzung nach Demokratien unterwandern: Zuerst durch Polarisierung und Delegitimierung der Institutionen, dann durch Aushöhlung der Gewaltenteilung, und schließlich durch einen massiven Rechtsruck und die Einschränkung von Minderheitenrechten.

Als Gegenstrategie führte Neumann das Instrument der „Brandmauer“ an. „Demokratische Parteien dürfen diese Parteien nicht an die Macht lassen“, forderte Neumann, der auch Mitglied der CDU ist. Zugleich brauche es politische Lösungen: „Man löst dieses Problem nur, wenn die Politik wieder handlungsfähig wird und die Leute merken, dass sich etwas zum Positiven ändert.“

Die Bundesregierung müsse sich auf wenige Kernprojekte konzentrieren, forderte der Sicherheitsexperte: „irreguläre Migration, Bürgergeld, Deutsche Bahn“. Wenn die Bürger merkten, dass Politik Probleme konkret löst, „dann sieht es schlecht aus für die Populisten“.

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