• Die Sozialausgaben des Bundes sind in den letzten zehn Jahren nicht gestiegen.
  • Die finanziellen Belastungen für die Kommunen sind dagegen allerdings mehr geworden.
  • Die Ausgaben für Kommunen in dem Bereich werden zukünftig auch weiterhin steigen, sagt ein Verwaltungswissenschaftler.

Die Linke-Bundestagsfraktion hatte vor Kurzem Zahlen beim Statistischen Bundesamt angefragt. Es ging darum, wie der Sozialstaat künftig finanziert werden kann. Die Zahlen zeigen: Zwar sind die Sozialausgaben in absoluten Zahlen stark angestiegen. Gemessen an der Wirtschaftskraft aber sind sie heute nicht höher als vor zehn Jahren. So brachte der Bund 2015 einen Anteil von 5,64 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für soziale Sicherung auf. 2024 waren es 5,53 Prozent – der Anteil hat sich also kaum verändert.

Kommunen sind durch Sozialleistungen stärker belastet

Die Zahlen geben Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek also Recht. Aber sie beziehen sich nur auf den Bundeshaushalt. Deshalb zweifelt Verwaltungswissenschaftler René Geißler den Sinn dieser Statistik an. Denn der Bund sei eigentlich gar nicht zuständig für Sozialausgaben.

Geißler zufolge sind mehr als zwei Drittel der Sozialausgaben beitragsfinanziert. Der Bund habe die Rolle eines Ausfallbürgen.

Wenn also die Beitragseinnahmen nicht ausreichen, dann deckt der Bund das Defizit. Anders ist die Situation bei den Kommunen. Sie zahlen direkt die Sozialleistungen aus. Beispiele sind Jugendhilfe, Familienhilfe und Wohngeld. Und dafür müssen die Städte und Gemeinden immer mehr Geld ausgeben, sagt Mischa Woitscheck. Er ist Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindebundes. Die Sozialausgaben im kommunalen Bereich seien allein in Sachsen in den letzten fünf Jahren von drei Milliarden Euro auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen. "Das sind sozusagen in fünf Jahren 50 Prozent, um die haben die sich erhöht. Und die belasten uns natürlich vehement", sagt Woitschek.

Verwaltungswissenschaftler sieht Sozialleistungen weiter steigen

Perspektivisch sieht Wissenschaftler René Geißler noch größere Herausforderungen auf den Staat zukommen. Zumindest bis Corona habe es ein gutes Wachstum des Bruttoinlandsproduktes gegeben. Dieses habe das Wachstum der Sozialausgaben ein Stück weit überdeckt. "Aber das eigentliche Problem ist ja, dass das Wachstum der Sozialausgaben ja entkoppelt ist vom Wirtschaftswachstum. Sozialausgaben wachsen ja vollkommen unabhängig von allen externen Faktoren aus Gründen der Demografie, aus Gründen von politischen Leistungsausweitungen", argumentiert Geißler.

Das Bruttoinlandsprodukt stagniere, die gesamten Sozialausgaben aber würden weiter steigen. Das sei ein großes Problem.
Was heißt das also für die Aussage von Linken-Politikerin Reichinnek? Dass Sozialausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftskraft nicht gestiegen sind, stimmt nur für den Bund. Doch diese Statistik blendet den großen Anteil der Kommunen aus. Und sie berücksichtigt nicht die gesellschaftliche Entwicklung, dass die Leistungen wegen einer alternden Bevölkerung weiter wachsen. Reichinneks Aussage ist damit zwar nicht falsch, aber irreführend.

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