Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat Deutschland angesichts von Haushaltszwängen und Wachstumsflaute auf tiefgreifende Reformen eingeschworen. „Wer glaubt, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher, der irrt sich“, sagte Klingbeil am Dienstag in seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts 2026 in den Bundestag. „Es muss Veränderungen geben, und das dürfen keine kleinen Trippelschritte sein, sondern es müssen große Veränderungen sein.“
In den „nächsten Monaten“ werde die Regierung Entscheidungen treffen müssen, die „anstrengend und herausfordernd“ seien, kündigte Klingbeil an. Er rechne aber mit der Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zur Unterstützung von Reformen. „Ich bin mir sicher: Die Menschen in unserem Land spüren längst, dass wir weitreichende Veränderungen brauchen und Durchmogeln oder Zögern oder Zurücklehnen nicht funktionieren wird.“
Klingbeil machte in seiner Rede klar, dass er nun die Zeit für einen großen Wurf gekommen sieht. Nötig seien Reformen, „die die Beschäftigung ins Zentrum stellen, die neues Wachstum schaffen, die mehr Beschäftigung schaffen, die dafür sorgen, dass die Sozialausgaben sinken und die staatlichen Einnahmen wachsen“.
Abwarten sei in der aktuellen Lage keine Option: „Wenn wir nicht handeln und wenn wir am Status quo festhalten, dann verlieren wir an wirtschaftlicher Stärke, dann verlieren wir einen sozialen Zusammenhalt, dann verlieren wir auch das Vertrauen der Menschen.“
Klingbeil wies darauf hin, dass der Bund in den vergangenen Jahren große schuldenfinanzierte Ausgaben getätigt habe – etwa in der Corona-Pandemie, der Energiekrise, in der Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. „Das Geld, das wir alle gebraucht haben und von dem wir alle als Gesellschaft profitiert haben – dieses Geld müssen wir halt irgendwann zurückzahlen“, sagte der Finanzminister. „Dieses Irgendwann war sehr lange ein sehr fernes Wort. Aber Irgendwann fängt jetzt an.“
Schon in der Etatplanung des Bundes für 2027 klaffe eine Lücke von mehr als 30 Milliarden Euro, sagte Klingbeil. „Es hat noch nie eine Regierung gegeben, die 30 Milliarden einsparen musste“, sagte er. Das Schließen dieser Lücke erfordere gesellschaftliche Solidarität: „Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam schultern, indem wir nicht die Lasten auf einige wenige abwälzen, indem wir nicht den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, sondern indem wir einen Weg finden, der fair und solidarisch ist.“
Dazu zähle auch, den Sozialstaat „effizienter“ zu machen und Missbrauch zu unterbinden, sagte Klingbeil: „Da muss der Rechtsstaat mit aller Konsequenz und Härte auch darauf reagieren.“ Zugleich gelte aber auch: „Wir können stolz darauf sein, dass wir einen Sozialstaat haben, der denen hilft, die hinfallen, die Hilfe brauchen.“
„Infrastruktur muss funktionieren“, betont Klingbeil
Mit Blick auf den nun eingebrachten Haushaltsentwurf 2026 betonte Klingbeil die Notwendigkeit eines Anstiegs der Investitionen. „Wir investieren massiv in die Zukunft des Landes“, sagte er. „Wir werden sanieren, was jahrelang vernachlässigt wurde – und da geht es vor allem um die Infrastruktur.“ Der Vizekanzler betonte: „Damit wir in diesem Land gut zusammenleben können, muss die Infrastruktur funktionieren.“
Klingbeil sprach von „Rekordinvestitionen“, die für 2026 geplant sind. 2025 seien 115,7 Milliarden Euro investiert worden, 2026 solle dies auf 126,7 Milliarden Euro gesteigert werden. Klingbeil verteidigte den Aufwuchs der Investitionen auch damit, dass Deutschland „eine europäische Führungsmacht“ sein müsse, „um ein starkes Europa voranzubringen“. So müsse sich Europa selbst verteidigen können, sagte der SPD-Politiker auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Deshalb investiere Deutschland auch massiv in die Bundeswehr.
Opposition kritisiert Klingbeils Haushalt
Scharfe Kritik am Haushaltsentwurf hat die Opposition geübt. AfD-Haushälter Michael Espendiller warf Union und SPD „Finanztricksereien“ durch schuldenfinanzierte Sondertöpfe vor. Die Bürger hätten im Verfahren zur Aufstellung des Haushalts keine Lobby und keine Stimme, „aber sie sind es, die am Ende die Rechnung bezahlen“, kritisierte er.
Linken-Haushälter Dietmar Bartsch beklagte, grenzenlose Aufrüstung sei der falsche Grund für eine Aufweichung der Schuldenbremse. „Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben, das sind die Schulden“, sagte er. „Ihre Haushaltslöcher sind nicht Löcher wie im Schweizer Käse, da ist nur noch Loch.“ Das werde man auch nicht mit einer Bürgergeldreform oder Wirtschaftswachstum schließen können. Stattdessen müssten Vermögende höher besteuert werden.
Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer warnte vor einem „Winter der Enttäuschungen“, wenn die Kommunen kein zusätzliches Geld für Investitionen in Busse, Bahnen und Schiene bekämen. Die Sozialversicherung müsse stabilisiert werden. „Wir brauchen Investitionen in unsere Infrastruktur, in Zukunftstechnologien, in Klimaschutz.“
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