Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter hält die Reaktionen der Bundesregierung auf russischen Drohnen über Europa für zu schwach. Kiesewetter sprach sich im „Handelsblatt“ dafür aus, den sogenannten Spannungsfall auszurufen.
„Dann könnten wesentliche Infrastrukturen durch die Bundeswehr geschützt und der Polizei an anderer Stelle mehr Optionen für den Schutz der Bevölkerung geboten werden“, sagte Kiesewetter. Drohnen könnten damit sofort abgewehrt werden. Außerdem würden „Zuständigkeitsketten gestrafft und Optionen effizient genutzt“.
Der Spannungsfall ist eine Art Vorstufe des Verteidigungsfalls. Er müsste von einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag beschlossen werden. Eine weitere Folge wäre: Die Wehrpflicht würde sofort wieder gelten. Das zeigt eine Kurzinformation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt, nicht aber abgeschafft worden.
Kiesewetter erklärte, dass sich hybride Angriffe nicht eindeutig nach äußerer und innerer Sicherheit trennen ließen. Russland setze die Drohnen zu militärischen Zwecken, zur Lagebildgewinnung, aber auch zur „kognitiven Kriegsführung“ ein, um Angst und Unsicherheit zu erzeugen. „Deshalb muss dies auch wie ein Angriff betrachtet werden“, sagte Kiesewetter.
„Vor allem Russland setzt gezielte Nadelstiche, um unsere Resilienz zu testen“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums im Bundestag, Marc Henrichmann (CDU), dem „Handelsblatt“. Dies betreffe auch Flughäfen als „zentrale Knotenpunkte unserer Lieferketten“. Notwendig seien deshalb „dringend die Fähigkeiten und Geräte, um Drohnenüberflüge zuverlässig zu stoppen“.
Bundeswehr soll weitreichende Befugnisse zur Drohnenabwehr im Inland erhalten
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) plant eine Reform des Luftsicherheitsgesetzes, um die Befugnisse der Bundeswehr bei der Abwehr von Drohnen auszuweiten. In einer Reihe von Vorfällen steht Russland im Verdacht, Flughäfen in Skandinavien mit Drohnen überflogen zu haben.
Kiesewetter sagte dem „Handelsblatt“, die deutschen Flughäfen hätten zwar in der Regel eigene Schutzmaßnahmen. „Doch die Gefahr steigt an, weil vor allem Russland zunehmend nicht nur Aufklärungsdrohnen sendet, sondern auch bewaffnete Drohnen.“ Die Abwehr dieser Drohnenangriffe könne aber nicht allein den privaten Betreibern von kritischer Infrastruktur aufgelastet werden.
Der Flugverkehr Kopenhagen war vergangene Woche eingestellt worden, weil mehrere große Drohnen stundenlang über das Flughafengelände hinwegflogen. 100 Flüge wurden gestrichen und 31 weitere mussten umgeleitet werden. Erst am Dienstagmorgen wurde der Flughafen wieder geöffnet. Auch in Norwegens Hauptstadt Oslo führten Drohnen-Sichtungen in der Nacht zum Dienstag zu einer vorübergehenden Unterbrechung des Flugverkehrs.
Zudem verletzte Russland den Luftraum Polens, Estlands und Rumäniens mit Drohnen und Kampfflugzeugen. Die Nato wertete dies als gezielte Provokation Russlands und hielt eine förmliche Konsultation ab.
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