Nach dem Terrorangriff auf Israel vor zwei Jahren berichten Juden auch in Deutschland über massive Anfeindungen, Diskriminierungen und Ausgrenzung. In einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie erzählen Befragte von sozialer Isolation etwa an Hochschulen, am Arbeitsplatz und in Arztpraxen. Zudem litten viele unter Depressionen, Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich sehr besorgt und forderte mehr staatliche Hilfen.

Für die Studie, die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert wurde, wurden nach eigenen Angaben bislang 110 Juden über ein Jahr hinweg in Interviews befragt. Die Befunde zeigten, dass jüdische und israelische Communitys in Deutschland zunehmend an gleichberechtigter Teilhabe gehindert würden und Exklusion sowie Diskriminierung in nahezu allen öffentlichen Alltagssphären und institutionellen Kontexten erführen, so die Autoren der Studie.

Betroffene erlebten doppelte Gewalt: einerseits durch die Tat des 7. Oktober 2023, andererseits durch die Relativierung und Umdeutung der Gewalt im gesellschaftlichen Umfeld. Die Untersuchung wurde vom Kompetenzzentrum für antisemitismuskritische Bildung und Forschung in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam durchgeführt. Die finalen Ergebnisse der Studie sollen im kommenden Frühjahr erscheinen.

Mehr Schutz vor Diskriminierung gefordert

Die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, sagte, es dürfe nicht sein, dass sich Juden in Deutschland aufgrund von Anfeindungen zurückzögen oder ihre jüdische Identität verbergen müssten. „Wir müssen Juden und Jüdinnen besser vor Diskriminierung schützen“, so Ataman. Der Staat müsse entschlossener handeln.

Konkret forderte die Beauftragte mehr Beratungsangebote für Betroffene. Weiter müsse es in jedem Bundesland ein Landesdiskriminierungsgesetz geben, damit bei Antisemitismus in Schulen oder an Hochschulen besser eingegriffen werden könne. Bislang gibt es ein solches Gesetz nur für das Land Berlin. Auch solle das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformiert werden. Derzeit sei darin etwa eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit nicht erfasst.

Zentralratspräsident Schuster betonte, die Studie zeichne „ein bedrückendes Bild“. Die dramatische Zuspitzung von Antisemitismus in den vergangenen zwei Jahren schüre Angst und führe bei den Betroffenen zum Verlust von Freiheit. Es sei an der Zeit, der Diskriminierung etwas entgegenzusetzen, damit jüdisches und somit freiheitliches Leben für die gesamte Gesellschaft nicht noch weiter gefährdet werde.

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