Digitale Vernetzung und Künstliche Intelligenz werden in der Rüstungsbranche immer wichtiger. Das nutzen Start-ups wie Helsing aus München. Und große Konzerne holen sich kleine Spezialisten ins Boot.
Wummernde Beats, Nebel auf dem Boden, dann öffnet sich eine Wand und gibt internationalen Journalisten den Blick frei auf den neuen Kampfjet CA1-Europa. Früher hinter verschlossenen Türen versteckt, inszeniert sich die Rüstungsindustrie nun und erinnert an ein Popkonzert. Da steht er nun: elf Meter lang, bis zu vier Tonnen schwer, unbemannt. Noch ist es eine Designstudie, 2027 soll er erstmals in die Luft gehen, in vier Jahren dann serienreif sein.
KI-System unterstützt Kampfpiloten
Software und Künstliche Intelligenz (KI) seien Kern des Systems, sagt Torsten Reil, Mitgründer und Co-Chef von Helsing - das sei das Besondere daran. Damit sei das System in der Lage, zusammen mit anderen Jets im Schwarm zu fliegen. Ein Pilot ist nicht an Bord, kontrolliert werden die Maschinen vom Boden aus. Man sei in der Lage, in Europa abschrecken zu können, auch gegen die Gefahr, die aus dem Osten komme.

Eine Designstudie des unbemannte Kampfflugzeugs CA-1 Europa steht in einer Halle im bayerischen Tussenhausen.
Helsing setzt hier die selbst entwickelte KI-Software Centaur ein, die heute schon Kampfpiloten bei ihren Einsätzen unterstützen kann. Dabei kann Centaur Kampftaktiken außerhalb der Sichtweite durchführen, Flugmanöver planen und durchführen - mit dem Ziel, Gegner anzugreifen und Bedrohungen auszuweichen.
Der Mensch muss immer die Kontrolle behalten
Aber es gebe eine rote Linie, so Torsten Reil. Der Mensch müsse zu jeder Zeit die Kontrolle über das System haben. Und wenn ein Gegner beschossen wird, dann muss immer der Pilot dies veranlassen, die Software hilft ihm nur bei der Vorbereitung.
Die Gründer von Helsing hätten als erstes erkannt, dass KI die Art Krieg zu führen revolutioniert, sagt der ehemalige Airbus-Chef Thomas Enders, der mittlerweile Aufsichtsratschef von Helsing ist. In wenigen Jahren würden sich Kampfpiloten ohne KI nicht mehr in die Luft trauen, so Enders.
Kooperation für autonomes Panzerfahrzeug
Die Rüstungsindustrie wird immer digitaler und dafür holen sich große Konzerne immer häufiger kleine Firmen an Bord. Wie das Beispiel Renk aus Augsburg zeigt: Das Unternehmen baut und wartet Getriebe, vor allem für Militärfahrzeuge wie Panzer.
Jetzt kooperiert Renk mit Arx Robotics, ein wenige Jahre altes Start-up aus München, das sich auf unbemannte Fahrzeuge spezialisiert hat, die sich selbst steuern. Gemeinsam wollen beide in naher Zukunft ein autonomes Panzerfahrzeug entwickeln, das etwa elf Tonnen auf die Waage bringt.
Pläne für eine "Combat Cloud"
Airbus arbeitet mit Quantum Systems aus Gilching zusammen - einer Drohnenfirma mit gerade einmal knapp 700 Mitarbeitern. Airbus will Quantum Systems in die Entwicklung einer sogenannten Combat Cloud einbinden.
Dabei werden riesige Datenmengen vernetzt, die zum Beispiel von Satelliten, Abhörstationen, Soldaten am Boden oder von Drohnen eingehen. Künftig soll Künstliche Intelligenz diese Daten auswerten und zum Beispiel einen Kampfjet-Piloten im Einsatz unterstützen. Der Drohnen- und Software-Spezialist Quantum Systems hat hier entsprechendes Know-how. Damit will man Flugzeuge wie den Eurofighter fit für die Zukunft machen.
Rüstungsindustrie ist "salonfähig" geworden
Wie gefragt Software und Künstliche Intelligenz sind, zeigt sich bei Helsing. Vor gerade einmal vier Jahren gegründet, wird das Start-up heute bereits mit zwölf Milliarden Euro bewertet. CSU-Chef Markus Söder sagte diese Woche bei der Vorstellung des neuen Kampfjets von Helsing, dass die Verbindung von Drohnen und KI eine entscheidende Zukunftskompetenz sei. Man müsse die eigene Verteidigungsfähigkeit massiv erhöhen.
In Fliegerjacke nahm Söder auf dem Pilotensitz eines Simulationsgerätes Platz, um sich das Abwehrsystem Centaur erklären zu lassen - das alles auf einem Flugplatz im beschaulichen Tussenhausen. Auch von "Star Wars im Allgäu" sprach der bayerische Ministerpräsident.
Vor ein paar Jahren hätten sich Spitzenpolitiker im Bereich Verteidigung wohl kaum so in Szene gesetzt. Doch die Zeiten haben sich geändert, die Rüstungsindustrie ist salonfähig geworden. Statt bedrohlicher Flieger steht intelligente Software im Vordergrund und die Vorstellung eines neuen Abwehrsystems erinnert dann doch eher an das neue iPhone als einen unbemannten Kampfjet.
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