Die Taliban-Regierung in Afghanistan plant offenbar, in der afghanischen Botschaft in Berlin ihre eigene Flagge zu hissen. Damit würde das Symbol des „Islamischen Emirats Afghanistan“ – das muslimische Glaubensbekenntnis auf weißem Grund – künftig auch im Berliner Stadtteil Grunewald wehen.

Wie ein hochrangiger Vertreter des Taliban-Außenministeriums dem ARD-Studio Südasien sagte, soll die bisherige schwarz-rot-grüne Fahne der früheren Islamischen Republik Afghanistan ersetzt werden. Zudem solle die diplomatische Vertretung künftig nur noch „Botschaft von Afghanistan“ heißen.

Das Auswärtige Amt zeigte sich auf Anfrage der ARD überrascht: Von entsprechenden Plänen sei nichts bekannt. Man habe der afghanischen Seite deutlich gemacht, dass weiterhin die Symbole und Bezeichnungen der ehemaligen Republik verwendet werden sollen.

Völkerrechtlich wäre Deutschland allerdings kaum in der Lage, den Schritt zu verhindern. „Ein Staat kann grundsätzlich selbst über seine Hoheitszeichen entscheiden“, erklärt der Hamburger Völkerrechtler Markus Kotzur. Nur ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen oder die Ausweisung von Botschaftsmitarbeitern wäre ein mögliches politisches Signal – aber wohl nicht gewünscht.

Deutschland verhandelt über Abschiebungen mit Taliban

Die Bundesregierung steht derzeit ohnehin in direktem Kontakt mit der Taliban-Regierung – offiziell nur „technisch“, etwa bei Gesprächen über die geplante Rückführung afghanischer Straftäter. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums habe Kabul grundsätzlich zugestimmt, Abschiebungen per Flugzeug zu ermöglichen, sofern die Identität der Betroffenen zweifelsfrei feststeht.

Kritik kommt von den Grünen. Deren innenpolitischer Sprecher Marcel Emmerich warf Bundesinnenminister Alexander Dobrindt „Geheimdiplomatie mit Terroristen“ vor und forderte Aufklärung im Bundestag. Dobrindt hatte den Vorwurf zuvor als „heuchlerisch“ zurückgewiesen.

Taliban übernehmen zunehmend Auslandsvertretungen

Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban nach eigenen Angaben den Großteil der afghanischen Botschaften weltweit unter ihre Kontrolle gebracht. In Ländern wie China, Pakistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland vertreten bereits Taliban-Botschafter das Regime offiziell.

Deutschland erkennt das „Islamische Emirat Afghanistan“ weiterhin nicht als legitime Regierung an. Dennoch hat Berlin kürzlich zwei von den Taliban entsandte Konsularbeamte akkreditiert – die Ersten seit der Machtübernahme. Sie sollen die Vertretungen in Bonn und Berlin übernehmen.

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