Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Nach dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Wolodymyr Selenskyj in Washington richten sich die Blicke bereits auf das geplante Treffen von Trump mit Russlands Präsident Putin. Viele Medien-Kommentatoren sind in Sorge.

„La Repubblica“ (Italien): Trump gibt sich in Ukraine-Krieg als Unparteiischer

„Trump spielt die Rolle des Unparteiischen, nicht die des Verbündeten. Kiew wollte Zugeständnisse vermeiden und strebte wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Beteiligung von US-Unternehmen am Energiesektor und an den Häfen in der Ukraine sowie große Abkommen über die militärische Zusammenarbeit an. Und die Verschärfung der Sanktionen. Träume, die unerfüllt bleiben. All dies diente übrigens dazu, Putin an den Verhandlungstisch zu bringen.

Deshalb gibt Selenskyj in den bilateralen Verhandlungen das wichtigste Thema nicht auf: die Sicherheitsgarantien, die Amerika ihm nicht gibt. Starke, verbindliche Garantien der USA, die die Bedenken Kiews gegenüber einem schmerzhaften Frieden mildern würden.“

„The Times“ (Großbritannien): Viele offene Fragen vor Ukraine-Treffen in Budapest

„Die Ankündigung von Präsident Trump, dass er sich mit Präsident Putin in Budapest treffen wird, um über die Beendigung des „unrühmlichen“ Krieges in der Ukraine zu sprechen, gibt dem Dialog über die Zukunft des Landes eine neue Wendung. (...)

Vieles ist unklar. Sieht Trump seinen Erfolg bei der Vermittlung eines Waffenstillstands in Gaza als Bestätigung dafür, dass seine persönliche Intervention und Autorität Konflikte beenden kann, die mit konventioneller Diplomatie nicht gelöst werden konnten, egal wie hartnäckig sie auch sein mögen? Hat er irgendwelche Signale erhalten, wonach der russische Präsident möglicherweise entgegenkommender oder aufrichtiger sein wird als beim Gipfeltreffen in Alaska, das hinsichtlich eines Bekenntnisses Russlands zur Beendigung des Krieges weithin als erfolglos betrachtet wurde?

Und war der Vorschlag, dass die USA Tomahawk-Raketen liefern könnten, ein Signal für eine zunehmende Unterstützung der Ukraine und für die Verärgerung über die Unnachgiebigkeit Russlands oder lediglich eine Drohung, um Putin zurück an den Verhandlungstisch zu bringen?

Ebenso wenig ist klar, ob Putin glaubt, Trump ein zweites Mal manipulieren zu können, um eine Lockerung der Sanktionen und eine Neugestaltung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und Russland zu erreichen – was Moskau dringend benötigt –, ohne Zugeständnisse hinsichtlich seiner Forderungen machen zu müssen, wonach die Ukraine neutralisiert, entwaffnet, aus der Nato ferngehalten und gezwungen wird, alle bereits im Krieg verlorenen Gebiete abzutreten.“

„Verdens Gang“ (Norwegen): Lässt sich Trump erneut von Putin täuschen?

„Es sind schlechte Nachrichten für Wolodymyr Selenskyj, dass Donald Trump lange mit Wladimir Putin spricht, nur wenige Stunden bevor der ukrainische Präsident das Weiße Haus in Washington besuchen sollte. Trump hat die unangenehme Angewohnheit, sich von Putin umgarnen zu lassen, und wenn von einem neuen Gipfeltreffen zwischen ihnen die Rede ist, gibt es erneut keine Anzeichen dafür, dass die andere Partei, die Ukraine, dieses Mal anwesend sein wird.

Wladimir Putin steht im Ukraine-Krieg mehr denn je unter Druck. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich dreieinhalb Jahre Krieg in der russischen Wirtschaft bemerkbar machen, während die Fortschritte auf dem Schlachtfeld für die Russen gleichzeitig minimal sind. Wir können nur darauf hoffen, dass Trump weiterhin Druck auf Putin ausüben wird – und sich nicht noch einmal von ihm täuschen lässt.“

„El Mundo“ (Spanien): Trumps Unberechenbarkeit

„Das Treffen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus stand in krassem Gegensatz zu Trumps Versuch vom Februar, seinen ukrainischen Kollegen öffentlich zu demütigen. Im Gegensatz zu jenem wahnwitzigen Auftritt, bei dem er einen Großteil der russischen Propaganda wiederholte, schien Trump diesmal gegenüber Selenskyj aufgeschlossener zu sein, obwohl sich aus seinen Äußerungen gegenüber der Presse keine tatsächliche Kehrtwende zugunsten der Ukraine herauslesen lässt.

Einerseits sagte er nicht zu, die Tomahawk-Raketen zu liefern, worum Selenskyj ihn dringend bittet, um Druck auf Moskau auszuüben. Andererseits zeigte er sich überzeugt, dass der russische Autokrat „den Krieg beenden will“, ein Ziel, das er bei dem Treffen, das beide in zwei Wochen in Budapest abhalten werden, vorantreiben will. Diese Zusammenkunft ist sehr beunruhigend, da es auf europäischem Boden und konkret unter der Regierung von Viktor Orban, einem klaren Verbündeten Putins, stattfinden wird.

Nach seinem internationalen Erfolg mit der Waffenruhe im Gazastreifen scheint Trump ein Signal zu senden, dass der Konflikt enden könnte. Doch sein unberechenbares Wesen erfordert äußerste Vorsicht. Vor allem, weil Putins Expansionsstreben kaum zu bremsen zu sein scheint. Weder die Ukraine noch Europa können eine Einstellung der Kämpfe um jeden Preis akzeptieren: In diesem Krieg stehen unsere Werte und unser eigenes Überleben auf dem Spiel.“

„Tages-Anzeiger“ (Schweiz): Kein dauerhafter Frieden ohne die EU

„Die Wahl hat natürlich Methode. Trump schätzt Ungarns Viktor Orbán als Verbündeten und lässt generell keine Gelegenheit aus, die verhasste EU vor der Welt zu demütigen. (…) Frieden in der Ukraine ist aus Trumps Sicht eine Sache, die er mit Putin über die Köpfe der Europäer hinweg ausmacht, unter Supermächtigen. (…)

Statt zu klagen, würden die Europäer besser daran tun, dort mitzugestalten, wo ohne ihren Beitrag Fortschritt nicht möglich ist. Dauerhaften Frieden wird es jedenfalls weder in Nahost noch in der Ukraine geben, ohne dass Europa politisch, wirtschaftlich und humanitär mitwirkt. Trump hin oder her. (…)

Seit die USA unter Trump ihre finanzielle Unterstützung Kiews eingestellt haben, tragen die Europäer diese Last allein – und zwar auf gleichem Niveau wie zuvor zusammen. Europa hat begriffen, dass der Ausgang dieses Krieges die Sicherheitslage auf dem eigenen Kontinent auf Jahrzehnte hinaus prägen wird.

Dieses Engagement verleiht Europa Macht, selbst wenn es nicht mit Trump und Putin am Tisch sitzt. Die Europäer vertreten in den Verhandlungen aus Eigeninteresse auch die Interessen der Ukraine – auch gegen Trump, falls dieser Wolodymyr Selenskyj an Putin verraten möchte. Der Amerikaner wiederum weiß, dass er es sich angesichts einer kritischen amerikanischen Öffentlichkeit nicht leisten kann, die Ukraine ganz fallen zu lassen. Er braucht die Europäer als Sicherheit und Garantie.“

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