Der Publizist Michael Lüders soll künftig stellvertretender Vorsitzender des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sein. Das Parteipräsidium um die Vorsitzende Sahra Wagenknecht schlägt Lüders zum BSW-Bundesparteitag im Dezember vor, wie der Bundesvorstand WELT bestätigte.
Am Wochenende des 1. und 2. November plant der BSW-Bundesvorstand auf einer Klausurtagung in Berlin, einen Personalvorschlag für das künftige Spitzengremium der Partei zu beschließen. Dieser soll dann vom Bundesparteitag am 6. und 7. Dezember in Magdeburg bestätigt werden. Lüders ist das erste und bisher einzige vom Noch-Bundesvorstand um die Parteichefinnen Wagenknecht und Amira Mohamed Ali nominierte Vorstandsmitglied in spe.
„Ein kluger Mann hat einmal gesagt, es komme nicht darauf an, die Welt ständig neu zu deuten, sondern sie zu verändern. Da das BSW die einzige konsequente Friedenspartei in Deutschland ist und weder das Soziale noch die Wirtschaft auf dem Altar der Hochrüstung opfert, wird sie umso dringender gebraucht“, sagte Lüders WELT; gemeint mit dem „klugen Mann“ ist Karl Marx. Er, Lüders, wolle die Partei mit seinen Außenpolitik-Kenntnissen unterstützen. „Und meinen Beitrag dazu leisten, das BSW zur Heimat all jener werden zu lassen, die am Irrsinn hiesiger Politik schier verzweifeln.“
Lüders gehört derzeit noch dem erweiterten Parteivorstand an und kandidierte zur Bundestagswahl im Februar 2025 bereits für die Wagenknecht-Partei. Der 66-Jährige war als Dozent und Politikberater tätig, schrieb für die Wochenzeitung „Die Zeit“ und war mehrere Jahre Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft. Anschließend veröffentlichte er diverse Bücher zum Nahen Osten.
Parteichefin Wagenknecht sagte, sie freue sich über Lüders Kandidatur und begrüße den Schritt. „Seine große Expertise auf dem Feld der Außenpolitik ist gerade in unseren Zeiten der Aufrüstung und wachsender Kriegsgefahr dringend gefragt“, sagte die BSW-Chefin WELT. Wagenknechts künftige Rolle in der Partei wiederum ist ungewiss. Auch die künftige Position der Parteigründerin und Namensgeberin solle auf der Vorstandsklausur diskutiert werden, heißt es aus dem BSW-Bundesvorstand.
Bundestagseinzug nur knapp verpasst
Lüders publizierte zuletzt vor allem zum Nahost-Konflikt. Wie das BSW wirft er Israel vor, einen Genozid im Gaza-Streifen zu begehen, und fordert die Anerkennung eines palästinensischen Staates. Das BSW beantragte bereits im April 2024 einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel.
In seinem Buch „Krieg ohne Ende?: Warum wir für Frieden im Nahen Osten unsere Haltung zu Israel ändern müssen“ forderte Lüders zuletzt eine Abkehr vom engen Verhältnis Deutschlands zu Israel unter dem Begriff der „Staatsräson“. Lüders schreibt im Vorwort des Buchs: „Das historische Vermächtnis von Auschwitz, ‚Nie wieder‘, kann nicht ernsthaft darin bestehen, eine falsche und verbrecherische Großisrael-Politik schönzureden oder gar zu fördern.“ In Deutschland finde eine „Überidentifikation“ mit Israel statt, die auf eine „Absolution für die Verbrechen des Nationalsozialismus, für den Genozid an den Juden“ hoffe.
Antisemitismus sei abzulehnen und zu bekämpfen, so Lüders. Doch er kritisierte Meldungen, wonach antisemitische Vorfälle in Deutschland „explosionsartig“ ansteigen würden. „Das gilt aber nur, wenn man Kritik an Israel oder Wut auf Israel oder pro-palästinensische Demonstrationen, auf denen skandiert wird ‚Freiheit für Palästina‘, wenn man das alles in die Rubrik Antisemitismus fasst“, sagte Lüders in dem im Juni auf YouTube veröffentlichten Video. „Kritik an Israel ist kein Antisemitismus, auch wenn die Großisrael-Verfechter und -Propagandisten der Meinung sind, dass dieses der Fall sei.“
Das BSW verpasste im Februar den Einzug in den Bundestag. Dabei fehlten der erst im Januar 2024 gegründeten Partei nur rund 9500 Stimmen zur Fünf-Prozent-Hürde. Wagenknecht forderte zuletzt vehement eine Neuauszählung, die Partei verweist auf einzelne Auszählfehler, die man festgestellt habe. Die Prüfung obliegt dem Wahlprüfungsausschuss des Bundestags. Wagenknecht hält eine Neuauszählung für dringend geboten, wie sie dem „Stern“ am Mittwoch sagte, da es „um die Legitimität der höchsten demokratischen Instanz unseres Landes“ gehe.
Politikredakteur Kevin Culina berichtet für WELT über Gesundheitspolitik, die Linkspartei und das Bündnis Sahra Wagenknecht. Er berichtet zudem regelmäßig über Antisemitismus, Strafprozesse und Kriminalität.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.