Im Sudan hat sich die Armee nach 18-monatiger Belagerung aus der letzten größeren Stadt der Region Darfur zurückgezogen. Mit der Eroberung von El-Faschir kontrolliert die paramilitärische RSF-Miliz fast den gesamten Westen des ostafrikanischen Staates. „Unsere dortigen Truppen sind zu der Einschätzung gelangt, dass ein Rückzug aus der Stadt notwendig ist“, räumte der Armeechef Abdel Fattah al-Burhan am Montag ein. Damit bestätigte er den Fall der Stadt, den die RSF-Miliz bereits am Sonntag verkündet hatte.

Der Sieg der RSF schürt Befürchtungen vor einer Teilung des Landes zwischen den beiden rivalisierenden Fraktionen. Zudem wird mit Racheakten gegen die schätzungsweise 250.000 in der Stadt verbliebenen Menschen gerechnet.

Die Rapid Support Forces (RSF) erklärten, sie würden die Zivilbevölkerung in Al-Faschir schützen. Menschenrechtler warnen jedoch seit Langem vor Racheakten an Zivilisten vom Stamm der Zaghawa. Sie veröffentlichten Videos, auf denen offenbar RSF-Kämpfer unbewaffnete Männer erschießen und um Leichen herum jubeln. Die Videos ließen sich nicht verifizieren.

Das sudanesische Ärztenetzwerk teilte am Montag mit, RSF-Kämpfer hätten nach ihrem Einmarsch in Al-Faschir am Sonntag Dutzende Zivilisten getötet und Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen geplündert. Das Darfur-Netzwerk für Menschenrechte berichtete von mehr als 1000 teilweise willkürlichen Festnahmen. Die RSF-Miliz könnte damit Kriegsverbrechen begangen haben, hieß es von der Gruppe. Unabhängig ließen sich die Angaben der beiden Organisationen nicht überprüfen.

Nach Berichten von Augenzeugen hindern RSF-Kämpfer Zivilisten an der Flucht und halten sie in nahe gelegenen Ortschaften fest. Rund 26.000 Menschen seien durch die Kämpfe vertrieben worden, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit. Zudem sollen Tausende Soldaten der Armee und verbündeter Rebellengruppen in westlichen Stadtteilen von Al-Faschir von RSF-Kämpfern umzingelt worden sein.

Experten fürchten, die Kontrolle der RSF über die Region Darfur könnte einen Wendepunkt in dem Bürgerkrieg darstellen. Der US-Berater Massad Boulos verglich im Sender Al Dschasira die Lage im Sudan mit der in Libyen, wo konkurrierende Regierungen seit Jahren verschiedene Landesteile beherrschen.

Darfur ist die Hochburg der RSF. Die Paramilitärs haben dort eine Parallelregierung eingerichtet, und auch ihre Führungsriege um General Mohamed Hamdan Dagalo soll sich dort aufhalten. Die sudanesische Armee wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, die RSF militärisch zu unterstützen, was diese bestreiten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte, die ausländische Einmischung und Waffenlieferungen untergrüben die Chancen auf eine politische Lösung des Konflikts.

Die Armee und die RSF-Miliz hatten 2021 bei einem Putsch zusammengearbeitet, der den Übergang zur Demokratie nach dem Sturz des langjährigen Autokraten Omar al-Baschir im Jahr 2019 zum Entgleisen brachte. Ein Machtkampf zwischen beiden Seiten mündete im April 2023 in einen Bürgerkrieg, der seither erbittert geführt wird.

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