Berlins ehemaliger Kultursenator Joe Chialo (CDU) soll mehrere Millionen Euro für Projekte gegen Antisemitismus auf Druck führender CDU-Fraktionsmitglieder vergeben haben. Das werfen Grünen-Abgeordnete Chialo nach einer Akteneinsicht vor. Die Freigabe der Gelder soll Ende Februar durch Chialo persönlich erfolgt sein, wie der „Tagesspiegel“ berichtet.
Im Zentrum der Vorwürfe stehen Chialo, CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sowie Christian Goiny, haushaltspolitischer Sprecher und Vorstandsmitglied der Fraktion. Den beiden Abgeordneten wird vorgeworfen, dass sie der für die Auszahlung der Gelder zuständigen Kulturverwaltung vorgegeben haben, welche Projekte gefördert werden sollen.
In einigen Fällen wurden die Gelder offenbar willkürlich verteilt. Weder sollen diese der Kulturverwaltung bekannt gewesen sein, noch wurde ein Antrag auf Förderung gestellt. Eine fachliche Prüfung der Projekte habe nicht stattgefunden, so der Vorwurf. Förderkriterien für die Vergabe der Gelder hätten nicht existiert. Das Vorgehen wäre ein klarer Verstoß gegen die Gewaltenteilung und geltendes Haushalts- und Zuwendungsrecht.
Daniel Wesener, Ex-Finanzsenator und kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, bezeichnete das Vorgehen als „parteipolitischen Missbrauch von Steuergeldern“ und sprach von „vorsätzlichen Verstößen gegen die Landeshaushaltsordnung“. Susanna Kahlefeld, die gemeinsam mit Wesener Akteneinsicht genommen hatte, bezeichnete den Vorgang als „absolut beschämend“.
Stettner erklärte dem „Tagesspiegel“ auf Nachfrage, die Koalition habe bei den Haushaltsberatungen einen klaren Schwerpunkt auf die Bekämpfung des wachsenden Antisemitismus und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts gesetzt. „Ihre Mutmaßungen, Unterstellungen und Vorwürfe sind völlig unangebracht und entbehren jeder Grundlage“, sagte er, ohne auf die Vorwürfe im Detail einzugehen.
Die Kulturverwaltung erklärte, es habe „in einem üblichen Verfahren [...] Gespräche der Hausleitung mit den Regierungsfraktionen gegeben“. Direktiven einzelner Abgeordneter seien „nicht bekannt“. Chialo und Goiny ließen eine Anfrage zunächst unbeantwortet.
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